In Kürze

Strukturelle Forschungsdefizite bei vernachlässigten Tropenkrankheiten

Berlin (pag) – Deutschland muss seiner weltweiten Verantwortung gerecht werden und mehr zur Erforschung von vernachlässigten Tropenkrankheiten beitragen als bisher, fordern führende deutsche Wissenschaftler. In einer Studie wollen sie Forschungslücken aufzeigen und Lösungsansätze präsentieren.

Moskitolarven im Wasser: Die Liste der Krankheiten, die durch Mückenstiche übertragen werden, ist lang. Zu den bekanntesten gehört beispielsweise Malaria. © kitthanes, Fotolia.com

Mit Blick auf Forschung und Entwicklung kommt Deutschland laut der 35-köpfigen Expertenrunde international eine Führungsrolle zu. Sie sieht die Bundesrepublik in der Pflicht, eine umfassende nationale Strategie zur Förderung der Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs) aufzulegen. Dieser Bereich sei derzeit „durch strukturelle Defizite gekennzeichnet“, schreiben die Herausgeber Prof. Jürgen May, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Prof. Achim Hörauf, Deutsches Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten, Dr. Carsten Köhler, Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, und Prof. Markus Engstler von der Deutschen Gesellschaft für Parasitologie. Sie kündigen in einem Ende 2017 veröffentlichten Papier eine Studie zu Aktivitäten und Möglichkeiten deutscher Institutionen bei der Entwicklung von Medikamenten, Impfstoffen und Diagnostika an. Das Ziel ist es, bestehende Forschungslücken aufzuzeigen und Ansätze zu entwickeln, wie die von der Weltgesundheitsorganisation gesteckten Ziele mithilfe deutscher Institutionen zu erreichen sind.

Darüber hinaus bemängeln die Experten, der deutsche Beitrag zur NTD-Forschung sei aktuell „unzureichend dokumentiert“. Sie wollen daher mithilfe der Erhebung die bislang aus ihrer Sicht intransparente NTD-Forschungslandschaft analysieren und einen Überblick über die wissenschaftlichen Hauptakteure, Forschungsprojekte und Fördersummen liefern. Die vorläufigen Ergebnisse „zeigen schon jetzt, dass die deutschen Forschungsaktivitäten ebenso heterogen wie die NTDs selbst sind“, heißt es. An deutschen Institutionen stünde biomedizinische Grundlagenforschung im Fokus, translationale Forschung und Entwicklung seien dagegen unterrepräsentiert.
Die Autoren kritisieren zudem, dass eine langfristige Förderung von epidemiologischen und klinischen Studien kaum verfügbar sei. Auch die kaum vorhandene Infrastrukturförderung zum Aufbau, Ausbau und Erhalt gut etablierter Studienstandorte in endemischen Gebieten lasse zu wünschen übrig, ebenso wie die spärlich gesäten Budgets für die Untersuchung von NTDs in multizentrischen Studien. Die finale Fassung ihrer Erhebung wollen die Wissenschaftler planmäßig im März 2018 veröffentlichen.

Die „Expertise zum Beitrag deutscher Institutionen bei der Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten“ wird vom Bundesforschungsministerium gefördert. Die elfseitige Ankündigung dazu erhält bereits erste Ergebnisse.