In Kürze

Wettbewerb um Gesundheit

Berlin – Wie weit darf der Wettbewerb im Gesundheitswesen gehen, wo liegen dessen Grenzen? Darüber debattieren Experten bei einer Veranstaltung der Stiftung Marktwirtschaft. Dort präsentiert sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn als „Freund des Wettbewerbs“, der aber auch betont: „Wettbewerb ist Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck“.

von links: Jens Spahn, Bundesminister für Gesundheit, Prof. Achim Wambach und Prof. Jürgen Wasem © Stiftung Marktwirtschaft, Kay Herschelmann

Spahn wirbt dafür, die guten Zeiten mit Kassenüberschüssen dafür zu nutzen, um Strukturen zu verändern, damit das „große Versprechen, das unsere Gesellschaft sich selbst gegeben hat“, aufrechtzuerhalten. Mit dem Versprechen meint er einen 100-prozentigen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung – zeitnah und flächendeckend. Angesichts der Herausforderungen des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts sei Wettbewerb ein wichtiges Mittel, um die Versorgungsqualität zu sichern und die begrenzen Mittel effizient einzusetzen. Falsch gemachter Wettbewerb führe jedoch zu Verwerfungen, warnt Spahn mit Blick auf umstrittene Kassenausschreibungen zu Inkontinenzprodukten. Auch gehe es im Gesundheitswesen nicht ohne ein wenig Planwirtschaft, so der Minister und nennt unter anderem das Stichwort Bedarfsplanung.

Den nicht existenten Wettbewerb der privaten Krankenversicherungen um Bestandskunden moniert Prof. Achim Wambach, Vorsitzender der Monopolkommission. Er beschreibt die private Krankenversicherung als einen „Markt mit angezogener Handbremse“. Das Problem der nicht portablen Altersrückstellungen müsse dringend angegangen werden, meint er. Schließlich sei es ein Skandal, Vermögen und Gesundheit in die Hände einer Versicherung zu geben, „von der ich gar nicht mehr wegkann“.

Zur gesetzlichen Krankenversicherung: Gesundheitsökonom Prof. Jürgen Wasem warnt davor, dass Wettbewerb in einem so extrem fragilen System Risiken und Nebenwirkungen hervorrufe. Er sei sich nicht mehr so sicher, „wie weit wir gehen können“. Eine zentrale Rolle beim Wettbewerb in der GKV spielt der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA). Dessen Reform kündigt Spahn für den Herbst an – „spätestens, wenn alle Gutachten vorliegen“. Grundsätzlich habe man mit diesem Instrument bereits viel erreicht, es zeige sich aber auch, dass es nicht ganz sotreffsicher funktioniere. Wasem wiederum erinnert an ein schlichtes Ziel des Morbi-RSA: „Risikoselektion vermeiden.“ Dafür sei der Morbi-RSA das geeignete Instrument. Andere Ziele – wie etwa Umverteilungsabsichten – sollten darüber nicht angestrebt werden, meint der Ökonom.