In Kürze

Barmer: faire Preise und späte Nutzenbewertung

Berlin (pag) – Eine „faire Diskussion über Kosten und Nutzen der extrem teuren Präparate“ 
verlangt Barmer-Vorstandsvorsitzender Prof. Christoph Straub bei der Vorstellung des neuen Arzneimittelreports seiner Kasse. Schwerpunkt der Analyse ist die medikamentöse Tumortherapie.

© Lydie, Fotolia.com

Die Ausgaben für onkologische Arzneimittel sind in der ambulanten Versorgung Barmer-Versicherter seit 2011 um 41 Prozent gestiegen. Damit würden sie deutlich die Kostensteigerungen aller anderen Arzneimittel ohne Rezepturen übertreffen, die im gleichen Zeitraum um 20 Prozent wuchsen, teilt die Krankenasse mit. Straub betont auf der Pressekonferenz, dass fünf der zehn Arzneimittel mit der aktuell größten Umsatzsteigerung der Behandlung von Tumorerkrankungen dienten. Die Kosten zur medikamentösen Behandlung von Hautkrebs-Patienten hätten sich in fünf Jahren fast verachtfacht. Dabei spiele die steigende Zahl der Betroffenen nur eine geringe Rolle, lediglich acht Prozent der Kostensteigerungen seit 2011 würden dadurch verursacht. Mehr als 90 Prozent des Ausgabenzuwachses für onkologische Arzneimitteltherapien bei Hautkrebs seien auf höhere Herstellerpreise zurückzuführen. Man müsse sich mit der Frage beschäftigen, so Straub weiter, was man finanzieren könne und wolle. Er betont, diese Debatte führen zu wollen, „gerade eben um eine Rationierungsdebatte zu vermeiden“. Es gelte eine Balance zwischen den Interessen der Industrie und denen von Krankenkassen und ihrer Versicherten herzustellen, um faire Preise durchzusetzen. Für extrem teure Therapien verlangt der Kassenchef regelhaft eine späte Nutzenbewertung nach fünf Jahren.
Die Autoren des Reports haben die Kosten von 31 onkologischen Arzneimitteln in Europa, Australien und Neuseeland verglichen. Demnach ist Deutschland führend: Bei 90 Prozent (28 von 31) würden die Preise hierzulande über dem Median liegen, acht der 31 Krebsmedikamente kosteten sogar am meisten.
Ein weiteres Thema der Analyse sind Verwürfe, das heißt Restmengen, die bei der Herstellung von Zytostatika-Rezepturen anfallen. Bei Barmer-Versicherten hätten 2015 zehn Millionen Euro für ungenutzt weggeworfene Arzneimittel ausgegeben werden müssen. Straub wirft der Industrie vor, Gewinne zu maximieren, indem praxistaugliche Packungsgrößen mit Einzeldosierungen vom Markt genommen und durch größere Packungen ersetzt würden. Auch werde die tatsächliche Haltbarkeit angebrochener onkologischer Arzneimittelstammlösungen verschwiegen.