In Kürze

Was leisten Register für die Nutzenbewertung?

Berlin (pag) – Lassen sich Wirksamkeit und Nutzen bestimmter Therapien im Versorgungsalltag mithilfe von Registerdaten besser abbilden als durch randomisierte klinische Studien (RCTs)? Diese Frage diskutieren Prof. Edmund Neugebauer von der Medizinischen Hochschule Brandenburg und der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Prof. Jürgen Windeler, beim Kongress für Versorgungsforschung.

Registerdaten können die Daten aus klinischen Studien ergänzen, sind sich Neugebauer und Windeler schnell einig. Deshalb sollten sie auch bei der Nutzenbewertung von Therapien eine Rolle spielen, findet Neugebauer. Während sich bei RCTs zum Beispiel Patientenselektion und Beobachtungseffekte auf die Resultate auswirken können, ergeben sich Registerdaten aus einem natürlichen Setting unter nicht kontrollierten Bedingungen. „RCTs negieren den Kontext einer Gesundheitsleistung“, bemängelt der Versorgungsforscher. „Dieser hat aber erhebliche Effekte, vergleichbar mit der Gesundheitsleistung selbst.“ Wirksamkeit und Nutzen von Behandlungen seien daher durch RCTs nur bedingt darstellbar. Neugebauer: „Register und RCTs müssen sich ergänzen und weiterentwickeln.“ Dass Register im Methodenpapier 5.0 des IQWiG nicht einmal erwähnt werden, nennt er „verbesserungswürdig“.

Institutsleiter Windeler kontert: Nicht richtig sei, dass RCTs eine geringe externe Validität aufweisen. Stattdessen stellt Windeler die Aussagekraft von Registern infrage. In Deutschland gebe es „kaum Register von hoher Qualität, der Aufbau ist langwierig und aufwendig“. Zudem ließen sich die Daten praktisch nicht standardisiert erheben und es fehlten wichtige Endpunkte. „Bei nicht dramatisch großen Effekten ist die Auswertung von Registerdaten sehr fehleranfällig“, kritisiert er. RCTs seien daher durch Register nicht zu ersetzen. Aus seiner Sicht „bietet das Methodenspektrum randomisierter Studien vielfältige Möglichkeiten“, sodass es weder sinnvoll noch nötig sei, Register für die Nutzenbewertung heranzuziehen.

Aus der Sicht von Privatdozentin Dr. Monika Klinkhammer-Schalke vom Tumorzentrum Regensburg gilt es gut zu überlegen, in welchen Fällen RCTs die bessere Wahl sind und wann Register. „Register begleiten im Gegensatz zu RCTs alle Patienten“, gibt sie zu bedenken – also auch etwa Senioren, die in RCTs meist nicht eingeschlossen sind. „Wir sollten sie für viele Fragestellungen nutzen.“ Das Outcome sei mithilfe von Registerdaten durchaus beurteilbar, widerspricht sie Windeler. „Beim Krebsregister haben wir zum Beispiel eine sehr gute Standardisierung hinbekommen.“ 

 

V.l.n.r.: Prof. Edmund Neugebauer, Prof. Jürgen Windeler, Privatdozentin Dr. Monika Klinkhammer-Schalke © pag Fiolka

Statements und Fotos v.l.n.r.:
Prof. Edmund Neugebauer, Medizinischen Hochschule Brandenburg: „RCTs negieren den Kontext einer Gesundheitsleistung.“
Prof. Jürgen Windeler, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: „In Deutschland gibt es kaum Register von hoher Qualität.“
Privatdozentin Dr. Monika Klinkhammer-Schalke, Tumorzentrum Regensburg: „Register begleiten im Gegensatz zu RCTs alle Patienten.“