Berlin (pag) – Krankenkassen setzen große Hoffnung darauf, mit Biosimilars Kosten zu senken. Acht bis 13 Prozent seien zu wenig, „20 bis 30 Prozent sollten es schon sein“, beziffert Bettina Piep von der AOK Nordost auf einer Veranstaltung von Pro Generika die Erwartungen an onkologische Biosimilars. Wie Ärzte und Patienten die Kostendiskussion und Umstellungen auf biologische Nachahmerprodukte erleben, berichtet dort Prof. Bernhard Wörmann.
Wörmann ist medizinischer Leiter der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Klinische Onkologie. Er sagt: „Wir stehen massiv unter Druck.“ Damit meint er einzelne Krebsmediziner, die mittlerweile Präparate von 100.000 Euro pro Jahr verschreiben. Und er meint das gesamte Fachgebiet, das derzeit eine Flut neuer Medikamente erlebe: „Es gibt einen Wettbewerb um Geld, denn es gibt keine unbegrenzten Töpfe.“ Alles, was die Ärzte – auch in der öffentlichen Diskussion – entlaste, sei daher willkommen, namentlich Biosimilars, in die man große Hoffnungen setze.
Bei der Umstellung, dem Switch, vom Original-Biologika auf das Nachahmerprodukt spielt das Vertrauen eine entscheidende Rolle – sowohl bei Patienten als auch Ärzten. Letztere müssten mit der Datenbasis zufrieden sein, betont Wörmann. Er verweist auf Studien, die zwei Entitäten miteinschließen. In der Versorgungsrealität werde das Präparat allerdings bei zehn weiteren eingesetzt. Für Hersteller lohnten sich aufgrund der kleinen Populationen weitere Studien nicht. Vertrauen auf die Gleichwertigkeit des Biosimiliars, auch wenn dieses nicht speziell in dem Patientenkollektiv getestet wurde – diese Hürde gelte es bei Ärzten zu überwinden, erläutert der Experte. Zum Hintergrund: Wie Wörmann ausführt, werden neue Onkologika immer zielgerichteter bei kleinen Patientenpopulationen verwendet. Allerdings beschränke sich der Einsatz oft nicht auf eine Krankheit, viele Krebsmedikamente kommen bei mehreren Entitäten zum Einsatz, also bei Brust- und Darmkrebs beispielsweise.
Auch seitens der Patienten ist der Switch mitnichten ein Selbstläufer. „Patienten brauchen ein tiefes Vertrauen in das Arzneimittel“, sagt der Mediziner. Man müsse vor der Umstellung intensiv mit ihnen reden. Wichtig sei eine deutliche Motivation: „Der Patient versteht, dass der Preis des neuen Mittels gut für die Gesellschaft und das neue Mittel für ihn selbst kein Nachteil ist.“ Einsparungen von fünf Prozent, macht Wörmann klar, stellen keine ausreichende Motivation dar. Für den Betroffenen steht die eigene Erkrankungssituation im Vordergrund, aber: „Patienten wissen, was sie der Gesellschaft kosten.“ An die Betroffenheit eines finanziell gutsituierten Krebskranken, dessen Kreditkarte bei der Bezahlung des neuen Mittels in der Apotheke streikte, weil das Limit deutlich überschritten wurde, erinnert er sich noch genau.