In Kürze

IGeL versus Satzungsleistungen – was ist unseriöser?

Berlin (pag) – Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat mitgeteilt, dass mehr als jedem vierten GKV-Versicherten (28,9 Prozent) in den letzten zwölf Monaten eine Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) angeboten wurde. Auf Twitter entbrennt daraufhin eine Debatte über fragwürdige Satzungsleistungen der Kassen und IGeL-Geschäfte der Ärzte.

PSA-Test versus Homöopathie? © jarun011, Fotolia.com und © megakunstfoto, Fotolia.com

Dort schreibt etwa Dr. Christian Lübbers: „Ich könnte ausflippen, wenn Krankenkassen, die Homöopathie bezahlen, sich über IGeL-Abzocke echauffieren. Wie wär‘s denn, man müsste Homöopathie selbst zahlen und stattdessen würden alle Krankenkassen die Hautkrebsvorsorge, PSA-Wert oder die Meningokokken-B-Impfung erstatten?!?“ Bemerkenswert ist die Reaktion von Roland Engehausen, Vorstand IKK Südwest. Er antwortet: „Ja, stimmt. Ihr kritischer Hinweis in diesem Zusammenhang ist nachvollziehbar.“ Der ehemalige Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss, Wolf Trenner, twittert: „Das Eine macht das Andere nicht besser. #IGeL ist weitgehend Schund und Abzocke. Und arztgemachte #Ökonomisierung.“ Ein weiteres Statement kommt von Kai Vogel, der das Team Gesundheit und Pflege beim Verbraucherzentrale Bundesverband leitet. Er schreibt: „Keine Frage, Evidenz sollte bei den Satzungsleistungen der einzelnen Krankenkassen genauso wie bei ärztlichen Leistungen ausschlaggebend sein. Alles andere schafft nur Verwirrung ‚warum zahlt das aber dann meine Krankenkasse‘…“

Dem aktuellen WIdO-Monitor zufolge hängt das Angebot des Arztes stark vom Einkommen und der Schulbildung des Patienten ab. Bei den Befragten mit einem Haushaltseinkommen unter 2.000 Euro wurden 21,6 Prozent von ihrem Arzt auf IGeL angesprochen, bei Personen mit einem Haushaltseinkommen über 4.000 Euro waren es 35,4 Prozent.

Wie lukrativ ist der IGeL-Markt?

Der IGeL-Markt ist dem WIdO zufolge lukrativ: Auf Basis einer Hochrechnung der Versichertenangaben ergebe sich ein Volumen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr. Die Kosten für eine angebotene IGeL-Leistung belaufen sich im Durchschnitt auf 74 Euro. Allerdings gibt es große Preisunterschiede: Die Hälfte der Leistungen koste maximal 48 Euro, für manche Leistungen werden aber hohe dreistellige und sogar vierstellige Beträge genannt. Rund drei von vier IGeL-Angeboten (72 Prozent) kommen von fünf Facharztgruppen. Spitzenreiter sind die Frauenärzte: Auf sie entfallen rund 28 Prozent der privatärztlichen Leistungen. Danach folgen Augenärzte mit einem Anteil von 22 Prozent, Orthopäden (13 Prozent), Hautärzte (sechs Prozent) und Urologen (drei Prozent). Praktische Ärzte und Allgemeinmediziner erreichen zusammen 19 Prozent.

Der WIdO-Monitor basiert auf einer repräsentativen Umfrage mit über 2.000 Teilnehmern in Deutschland.