In Kürze

Perspektiven auf Personalisierte Medizin

Berlin (pag) – Die Personalisierte Medizin ist das Thema eines Symposiums des Forschungsverbunds Leibniz Gesundheitstechnologien. Der Bogen, der dort geschlagen wird, ist weit: Die Onkologin Prof. Elke Jäger stellt dort etwa Chancen und Probleme individualisierter Tumortherapien dar, während der Rechtsanwalt Prof. Wolfram Eberbach überbordende Aufklärungsvorschriften für Ärzte kritisiert.

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Eberbach ist im Beirat des Ethikzentrums der Friedrich-Schiller-Universität Jena. In seinem Vortrag weist er auf die zum Teil sehr rasanten Veränderungen in der Medizin hin, die immer schwieriger zu erklären seien. „Der Arzt trägt die gesamte Last des Fortschritts“, findet er und fragt, wie dieser seinem Patienten ein Instrument erklärt, das er selbst nicht genau definieren kann, von dem er nur weiß, wie es funktioniert.
Angesichts der Aufklärungsbroschüren für Teilnehmer an klinischen Studien, die mittlerweile viele Seiten lang sind, bringt Eberbach die gegenwärtige ärztliche Aufklärung wie folgt auf den Punkt: „Irreal sind die gesetzlichen Anforderungen und surreal ist ihre Erfüllung.“ Das Recht gehe von einem rationalen Menschen aus, dabei gehe es ab einem gewissen Punkt auch darum, ob man dem Arzt glaube, was er sagt – oder nicht. Eberbachs Fazit lautet: Die verlangte Komplexität könne nicht gelebt werden, aber sie werde geurteilt, „und das finde ich nicht fair“.

Limitierte Kompetenz

Beeindruckende Fortschritte in der Onkologie stellt auf dem Symposium Prof. Elke Jäger dar, die unter anderem den Ansatz beschreibt, individualisierte Immuntherapien mit Medikamenten zu kombinieren. Die Chefärztin der Klinik für Onkologie und Hämatologie des Krankenhauses Nordwest in Frankfurt a. M. betont aber auch, dass individualisierte Tumortherapien sehr komplex seien und die Kompetenz dafür noch limitiert. Es fehlten beispielsweise Strukturen, in denen die erforderliche Diagnostik in einem vertretbaren Zeitrahmen abbildbar sei.

Ein weiteres Problem ist Jäger zufolge die derzeit noch geringe Evidenz der individualisierten Ansätze. Mit vielen dieser neuen Wege könne man keine Studien machen, es gebe keine homogene Patientenkollektive, sagt sie. Die Ärztin erläutert, dass es sich um „kleinste Subgruppen mit ganz besonderen Markerkonstellationen“ handele, bei denen die Pharmaindustrie die bisher üblichen Zulassungswege nicht mehr gehen könne – „weil man gar nicht genügend Patienten hat, die eine Studie füllen würden“.

Jäger weist außerdem darauf hin, dass die neuen Therapien extrem teuer seien, eine gesellschaftliche Debatte über deren Finanzierbarkeit hält sie für erforderlich. „Es wird Frage der Gesellschaft sein, ob sie sich das leisten will oder für wen sie sich das leisten will.“