In Kürze

Notstand in der Kinderintensivpflege

Frankfurt am Main (pag) – Der Zustand der Intensivpflege auf kinderkardiologischen und kinderherzchirurgischen Intensivstationen ist „dramatisch und höchst besorgniserregend“. Das Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler (ABAHF) appelliert an die Bundesregierung, die Versorgung intensivpflegebedürftiger Kinder schnellstmöglich zu normalisieren.

Von mehreren Kinderherzzentren in Deutschland werde berichtet, dass im Schnitt 30 Prozent der Betten wegen Pflegekräftemangels gesperrt sind. Grund für den Pflegekräftemangel sei insbesondere die bereits vor Jahren erfolgte Reduzierung von Ausbildungsplätzen in der Kinderkrankenpflege, die sich aktuell im klinischen Alltag massiv auswirkt. „Angesichts zahlreicher nicht besetzbarer Planstellen bleibt den Kliniken oft nichts anders übrig, als Intensivbetten unbelegt zu lassen“, sagt ABAHF-Sprecher Kai Rüenbrink. Werden Notfälle aufgenommen, müssten oft lange geplante Operationen verschoben werden. Für das Kind und die Eltern, die sich vom Arbeitgeber eigens haben beurlauben lassen, sei das eine Katastrophe.

Fundiertes Fachwissen wird benötigt

Jährlich kommt es in Deutschlands Kinderherzkliniken zu über 23.300 Aufnahmen für die Behandlung von angeborenen Herzfehlern. Gerade in der kinderkardiologischen und kinderherzchirurgischen Intensivpflege benötigten die Pflegekräfte ein fundiertes Fachwissen und viel Erfahrung, um den hohen Ansprüchen gerecht zu werden. „Wir Ärzte müssen uns auf ihr Wissen und Können verlassen können“, sagt Prof. Hans Heiner Kramer, emeritierter Direktor der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Deswegen brauche man eine ausreichende Anzahl von Kinderkrankenpflegekräften, die eine Intensivweiterbildung durchlaufen haben.

© iStock.com, simonkr

Im April hat der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen, die Richtlinie Kinderherzchirurgie zu ändern: Vorgegeben werden soll unter anderem ein erforderliches Verhältnis von mindestens einer Pflegekraft je zwei Patientinnen oder Patienten. Kinderkardiologe Kramer hält das für sinnvoll. „Denn ist ein Kind frisch operiert, braucht es auch nachts umfangreiche Betreuung. Selbst für die beste Pflegekraft wäre es nicht zu schaffen, nachts drei Kinder zu versorgen.“

Task Force Notfall Kinderintensivpflege

Um den zahlreichen herzkranken Kindern und ihren Familien angesichts des Pflegenotstands eine Stimme zu verleihen, hat sich im Frühjahr 2018 die „Task Force Notfall Kinderintensivpflege“ gegründet. Ihr gehören auch Mitglieder des ABAHF an. Die Task Force forderte in einem Brandbrief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verbesserte Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Dem Aktionsbündnis gehören an: Bundesverband Herzkranke Kinder, Bundesvereinigung Jemah, Fontanherzen, Herzkind, Interessengemeinschaft Das Herzkranke Kind und die Kinderherzstiftung der Deutschen Herzstiftung.