In Kürze

„Prison Health is Public Health“

Berlin (pag) – Seltene Einigkeit: Sowohl die Drogenbeauftragte der Bundesregierung als auch Fachpolitiker räumen auf einem Parlamentarischen Abend von Sanofi freimütig ein, dass es im Gefängnis so gut wie keine Substitutionstherapie für Opioidabhängige gibt.

© iStock.com, MoreISO

Die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, treibt das Thema unterversorgte Drogenabhängige im Strafvollzug schon lange um. Die Richtlinie der Bundesärztekammer, wonach Opioidabhängige auch in dem besonderen Setting Gefängnis einen Anspruch auf Substitutionstherapie haben, wird in Deutschland nicht gelebt. Auf dem Parlamentarischen Abend kündigt Mortler an, dies zu einem Schwerpunkt im nächsten Sucht- und Drogenbericht zu machen. Es herrscht Übereinstimmung bei den Abgeordneten aus Bund und Land darüber, dass die Versorgung verbessert werden muss. Der Teufelskreis für drogenabhängige Menschen, die nicht selten aufgrund ihres Drogenkonsums im Gefängnis landen, kann durch Therapie unterbrochen werden. Mortler macht einige klare Ansagen: „Ich will, dass Kassenärztliche Vereinigungen das Substitutionsangebot sichern oder ausbauen. Der Rechtsrahmen ist viel weiter als die Umsetzung vieler deutscher Substitutionsärzte.“ Der Gefängnisarzt Dr. Marc Lehmann aus dem Berliner Justizvollzug spricht ein weiteres Problem an: das Entlassmanagement. Der Abhängige sollte die Krankenversicherungskarte direkt bei der Entlassung ausgehändigt bekommen, damit er einen Arzt aufsuchen kann. Als vorbildlich für eine opioidgestützte Behandlung im Gefängnis gilt Nordrhein-Westfalen. Suchtexperte Prof. Norbert Scherbaum vom Klinikum Essen erläutert die Implementierungsstrategie der Substitutionsbehandlung. Wichtigster Punkt: Das Justizministerium muss die Federführung übernehmen.

Erst kürzlich hat eine Initiative von 20 Organisationen, die sich für Verbesserungen in der Versorgung drogenabhängiger Inhaftierter einsetzt, einen Sechs-Punkte-Forderungs-katalog erarbeitet mit der Überschrift: „Prison Health is Public Health“.

Weiterführender Link

Sechs-Punkte-Forderungskatalog „Prison Health is Public Health“
www.aidshilfe.de/sites/default/files/documents/6eckpunktepapier_haft_09042019.pdf