Bonn (pag) – „Die Digitalisierung hat den Bereich der zusätzlichen Satzungsleistungen erreicht.“ Das stellt das Bundesversicherungsamt (BVA) in seinem Tätigkeitsbericht 2018 fest. Darin kommen auch unliebsame Themen der Gesetzlichen Krankenversicherung zur Sprache: Ausschreibungen in der Hilfsmittelversorgung, Sondervereinbarungen zu Krankenhausabrechnungen sowie die Liposuktion.
Zahlreiche Versicherte beschwerten sich, dass Kassen aus ihrer Sicht dringend erforderliche innovative medizinische Leistungen nicht finanzierten, teilt das BVA mit. Darunter auch Versicherte mit einem Lipödem. Dieser Fall zeige exemplarisch ein Spannungsverhältnis – und zwar „zwischen den Wünschen einzelner Versicherter nach zeitnaher Versorgung mit innovativen medizinischen Leistungen einerseits und andererseits den Interessen der Versichertengemeinschaft, dass nur Leistungen von den Krankenkassen finanziert werden, deren Erforderlichkeit umfassend nachgewiesen ist“. Das Amt verweist auf den Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA), der prüfe, ob eine Methode für die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung erforderlich ist. Zur Erinnerung: Die Liposuktion hat zu einer Machtprobe zwischen gemeinsamer Selbstverwaltung und Gesundheitsminister Jens Spahn geführt. In der Folge hat der G-BA eine Erprobungs-Richtlinie Liposuktion erlassen. Das BVA hebt hervor, dass Kassen nur ausnahmsweise die Kosten für bisher nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden übernehmen könnten. „Dies gilt insbesondere bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen.“
Gesetzliche Regelungen „vollständig umgangen“
Zahlreiche Beschwerden lagen dem Amt in 2018 auch gegen die Vertragspraxis der Kassen zur Hilfsmittelversorgung vor. Das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz habe zwar die Anforderungen bei der Berücksichtigung von Qualitätsaspekten in Ausschreibungen deutlich erhöht. Die Kassen hätten dies aber nur unzureichend umgesetzt, heißt es im Bericht. Der Gesetzgeber reagierte mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz: Kassen müssen künftig die Hilfsmittelversorgung auf dem Verhandlungsweg durch Rahmenverträge mit Beitrittsmöglichkeit sicherstellen.
Für Knatsch sorgten ferner Sondervereinbarungen, die einige Kassen mit Krankenhäusern geschlossen haben. Dabei ging es um pauschalierte Kürzung von Klinikrechnungen. Für die Kassen sei die Klärung strittiger Abrechnungsfragen unter Einbeziehung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vielfach aufwändig und kostenintensiv, berichtet die Aufsichtsbehörde. Allerdings hätten einige mit diesen Vereinbarungen die gesetzlichen Regelungen „vollständig umgangen“. Man habe sie daher aufgefordert, darauf zu verzichten. Das Bundesversicherungsamt zieht folgende Bilanz: In „fast allen Fällen“ wurden die Sondervereinbarungen beendet. Eine Krankenkasse klagte jedoch gegen die aufsichtsrechtlichen Mittel.
Der Stand zu digitalen Versorgungsprodukten als Satzungsleistungen: Das BVA hat die rechtlichen Möglichkeiten ausgelotet, größtenteils im positiven Sinne für die Versicherten, wie es betont. An Grenzen stoßen allerdings Produkte, die den Grundsätzen des SGB V nicht genügen. Zum Beispiel sei bei Produkten aus dem Heil- und Hilfsmittelbereich eine ärztliche Verordnung erforderlich.
Weiterführender Link
Bundesversicherungsamt (BVA), Tätigkeitsbericht 2018
https://www.bundesversicherungsamt.de/fileadmin/redaktion/allgemeine_dokumente/pdf/taetigkeitsberichte/Taetigkeitsbericht_BVA_2018_web.pdf