In Kürze

Herzkranke Diabetiker: zu viel Geld für schlechte Versorgung

Berlin (pag) – Bei herzkranken Diabetikern – immerhin 1,8 Millionen Patienten – bleibt die Versorgungsallokation auf der Strecke. Das kritisiert die Stiftung „Der Herzkranke Diabetiker“ (DHD). Auf einer Veranstaltung der DHD sind sich die Experten einig: Es fehlt an interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen den behandelnden Ärzten, die Betroffenen werden nicht mit optimalen Therapien versorgt.

„Beide Erkrankungen existieren nicht parallel nebeneinander, sie verstärken sich gegenseitig. Sie sind auf mechanistischer Ebene miteinander vernetzt, weil die Pathomechanismen gemeinsam zutreffen“, erläutert Prof. Wolfram Döhner von der Charité Berlin. Zwar gibt es laut DHD klare Handlungsempfehlungen zur Diagnostik bei Diabetespatienten mit kardialen Komplikationen, allerdings würden diese nicht immer leitliniengerecht umgesetzt. Außerdem seien herzkranke Diabetiker mit optimalen medikamentösen Therapien unterversorgt. Die Wirksamkeit dieser Therapien sei hinsichtlich der Prognose nachgewiesen und in vielen Fällen interventionellen Maßnahmen gleichwertig oder sogar überlegen, heißt es in einer Publikation der Organisation. Für die Probleme macht Prof. Wolfgang Motz, Ärztlicher Direktor des Klinikums Karlsburg, das hierarchische Abrechnungssystem in den Krankenhäusern verantwortlich: „Aufgrund des Fallpauschalensystems können wir der Sache nicht gerecht werden“, sagt er. „Wir unterliegen gewissen ökonomischen Zwängen.“

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Anreize und ethische Probleme

Die wirtschaftlichen Aspekte analysiert bei dem Pressegespräch der Gesundheitsökonom Prof. Jürgen Wasem, Universität Duisburg-Essen. Ihm zufolge werden jährlich rund 16 Milliarden Euro an direkten Kosten für Diabetes ausgegeben. Nicht der Patient ohne Komplikationen sei das Problem, sondern der Diabetiker mit kardiovaskulärer Komorbidität. Hier würden die Kosten je nach Morbiditätsgruppe im Schnitt bei 20.000 bis 21.000 Euro im Jahr liegen. „Dass ein gesetzlich Versicherter mit Diabetes und Herzproblem deutlich teurer ist als ein Patient, der nur eines von beidem hat, ist ein Indikator für Versorgungsprobleme im System“, sagt Wasem. Es werde zu viel Geld für eine schlechte Versorgung ausgegeben. Die indikationsübergreifende Steuerung müsse verbessert werden. Wenn aus Anreizgründen nicht getan werde, was erforderlich sei, gebe es auch ein ethisches Problem.
Für die DHD ist der herzkranke Diabetiker ein Patient mit „maximal erhöhtem Risiko“. Der Stiftung zufolge versterben letztlich drei Viertel der Menschen mit Diabetes an einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall. Bei Diabetes ist das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zwei- bis vierfach erhöht. Bei Frauen steigt das Risiko um das Sechsfache. Bei bis zu 50 Prozent der Patienten in Behandlung von Herzspezialisten sind Diabetes oder Vorstufen nachweisbar.