In Kürze

Über Nacht: Health in all Policies

Ein lange empfohlenes Konzept gewinnt an Bedeutung

© iStock.com, sesame

März 2020: Die „schwarze Null“ wird gekippt, Theater und Opernhäuser geschlossen, Grenzen im Schengen-Raum dichtgemacht, über die Verstaatlichung von Unternehmen wird nachgedacht und vieles mehr. Kein Politikfeld, das nicht vom Coronavirus erfasst ist. Die Idee von „Health in all Policies“ (HiaP) hat sich auf fast zynische Weise schlagartig manifestiert.

Der Geist von Alma-Ata, wo die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 1978 konferierte mit dem Ergebnis, eine gesundheitsfördernde Gesamtpolitik zu verfolgen, hat sich schlagartig in Realpolitik verwandelt. In Pandemie-Zeiten wird alles dem Thema Gesundheit untergeordnet. „Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts“, soll Arthur Schopenhauer gesagt haben. Diese bittere kollektive Erfahrung machen gerade alle Gesellschaften und Volkswirtschaften durch. Aussprüche wie „Es wird nichts mehr so sein, wie es einmal war“ lassen erahnen, dass diese durch ein Virus ausgelöste globale Krise noch lange im kollektiven Gedächtnis haften bleiben wird. Ob Gesundheit dauerhaft auch in allen politischen Entscheidungsfindungen der verschiedenen Sektoren verstärkt mitgedacht werden wird, ist noch lange nicht ausgemacht. Jedenfalls dürfte das Konzept einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik weltweit eine höhere Aufmerksamkeit erfahren.

Grenzenlose Gesundheitskonzepte gegen grenzenlose Ansteckung

Prof. Detlev Ganten bezeichnet schon 2019 Infektionskrankheiten als eines von drei Hauptproblemen für die globale Gesundheit. © pag, Fiolka

In einem Interview am 22. Oktober 2019 zur Eröffnung des World Health Summit in Berlin nennt dessen Gründer, Prof. Detlev Ganten, als eines von drei Hauptproblemen für die globale Gesundheit die Infektionskrankheiten. Sie machten „nicht an nationalen Grenzen halt und verbreiten sich zunehmend über die immer mobilere Weltbevölkerung. Wir brauchen dringend gute Infrastrukturen und Frühwarnsysteme“. Auf die Frage, was seine Forderung an die Politik sei, meint Ganten: „All diese Probleme sind global und können nicht länger als nationale Einzelprobleme diskutiert werden. Wir können sie nur gemeinsam, multilateral lösen.“ Die internationale Politik müsse das endlich erkennen – das gelte vor allem für Gesundheitspolitik. Gesundheit müsse global gedacht werden, so Ganten weiter, die Zeit nationaler Alleingänge sei endgültig vorbei. „Und Gesundheit muss in alle Politikbereiche – das Konzept „Health in all Policies“ muss endlich umgesetzt werden.“

Es bleibt abzuwarten, ob die Verantwortlichen die richtigen Schlüsse aus der Corona-Pandemie ziehen und Handlungen in Gang setzen werden.