In Kürze

Der zweite Patient

Darmstadt (pag) – Was macht es mit einer Familie, wenn ein Mitglied chronisch erkrankt? Wird die Familie zum zweiten Patienten? Mit einer Umfrage hat das Pharmaunternehmen Merck Serono die Bedeutung von Angehörigen chronisch Kranker näher untersucht.

© iStock.com, A&J Fotos


Pflege wird schnell zur Vollzeitbeschäftigung, wenn man nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, sagt die SPD-Gesundheitspolitikerin Martina Stamm-Fibich bei der Vorstellung der Umfrage. Sie fordert mehr Flexibilisierung in der Arbeitswelt. Die Erhöhung des Pflegegeldes, die zum Juli geplant ist, sei ein Erfolg. Viele gute Maßnahmen würden jedoch durch übermäßige Bürokratie zur Belastung, die Bearbeitung dauere Monate. Zudem möchte Stamm-Fibich professionelle emotionale Unterstützung für Menschen, die familiäre Pflegearbeit übernehmen.

Die Umfrage bestätigt: Wird ein Familienmitglied mit einer schweren oder chronischen Krankheit diagnostiziert, bedeutet das für die Angehörigen mentalen Stress (90 Prozent), zeitliche Beanspruchung (60 Prozent), körperlichen Stress (54 Prozent) und finanzielle Beanspruchung (41 Prozent). Die eigene Erkrankung bzw. die Erkrankung eines Familienmitglieds haben 60 Prozent der Familien vor große Herausforderungen gestellt, bei 28 Prozent waren die Herausforderungen geringer. Egal wie groß die Herausforderungen, die meisten Befragten berichten, dass sie den Zusammenhalt in der Familie positiv beeinflusst haben.

Für die meisten Befragten nimmt Familie einen hohen Stellenwert ein. Sie ist in Zeiten einer chronischen oder schweren Erkrankung ein Ort, der Sicherheit und Geborgenheit gibt (76 Prozent) und unverzichtbar, um mit der Erkrankung umzugehen (62 Prozent). Gleichzeit sind die Angehörigen für fast jeden zweiten chronisch Kranken eine Bürde: Viele haben Angst davor, zur Last zu fallen oder nicht mehr wie bisher für die Familie sorgen zu können.


„Verständnis schafft Nähe“

Die Unterstützung von Familie und Lebenspartner gibt viel Kraft, um durch die Therapien zu kommen, berichtet Susann Sommerfeld, die zweimal mit Brustkrebs diagnostiziert wurde. „Verständnis schafft Nähe“, sagt sie. Kommunikation sei sehr wichtig. Viele Betroffene wüssten jedoch nicht, wie sie offen mit ihrer Familie reden können und viele Familien seien nicht bereit, sich zu ändern. „Da muss man als Person sehr, sehr stark sein.“ 
Familie könne einen großen Einfluss auf das Befinden der einzelnen Personen haben, bestätigt MS-Patientin Britta Lovski. Bezüglich der Therapieentscheidung habe sie mehr mit dem Arzt gesprochen, ansonsten binde sie ihre Familie aber in ihren Alltag mit der Krankheit ein. Insbesondere zum Thema Nebenwirkungen habe sie aufgeklärt, „damit die Familie weiß, was auf sie zukommt“.

Zur Umfrage

Etwa 250 Personen haben daran teilgenommen, 65 Prozent von ihnen sind seit Jahren chronisch oder schwer erkrankt, bei 9 Prozent wurde vor Kurzem eine chronische oder schwere Krankheit diagnostiziert und 26 Prozent haben selbst keine schwere Erkrankung.