Passau (pag) – Bei der Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 steht der Gesetzgeber vor enormen Herausforderungen. Juristen der Universität Passau untersuchen jetzt Möglichkeiten und Grenzen eines einheitlichen rechtlichen Regelwerks.
Die Corona-Pandemie ist für Bund und Länder auch in rechtlicher Hinsicht eine Herausforderung, auf die sie in Rekordzeit reagieren müssen. Rechtsexpertinnen und -experten der Universität Passau wollen Optionen für ein zusammenhängendes Regelwerk aufzeigen und Vorschläge für einen umfassenden Rechtsrahmen für den Fall eines Gesundheitsnotstands wie der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Pandemie entwickeln. Die Frage einer Notstandsgesetzgebung wird in der juristischen Fachwelt in längeren zeitlichen Abständen immer wieder diskutiert. Ein einheitliches kohärentes Regelwerk, speziell für den Gesundheitsnotstand, existiert bisher aber weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nehmen Juristinnen und Juristen im Team von Prof. Hans-Georg Dederer im Projekt LegEmerge die Rolle des parlamentarischen Gesetzgebers auf beiden Ebenen unter die Lupe.
Sind die Grundrechtseingriffe verhältnismäßig?
Sie beschäftigen sich konkret mit folgenden Fragen: Welche Regelungen muss der parlamentarische Gesetzgeber selbst treffen? In welchem Umfang darf dabei die Exekutive ermächtigt werden, durch (Not-)Verordnungen parlamentsgesetzliche Vorschriften zu ändern, zu ergänzen, zu suspendieren oder aufzuheben? In diesem Zusammenhang werden sowohl die Vor- als auch die Nachteile von (mehr) Zentralisierung einerseits und (mehr) Föderalisierung andererseits untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts liegt auf den mit den staatlichen Pandemiemaßnahmen einhergehenden Beschränkungen der individuellen Grundrechte. Die staatlichen Maßnahmen sollen das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit schützen, greifen dadurch aber zugleich in eine Vielzahl anderer Grundrechte ein. Lassen sich diese Eingriffe rechtfertigen, sind sie insbesondere verhältnismäßig? Welchen Grad an Bestimmtheit und Regelungsdichte muss die gesetzliche Eingriffsgrundlage haben? Welche Rolle spielt dabei das Vorsorgeprinzip? Welchen Spielraum hat der Staat bei der Schaffung eines rechtlichen Rahmens in einem solchen Fall? Dies wollen die Wissenschaftler vertieft an der Triage-Problematik untersuchen.
Weiterführender Link:
BMBF: Meldung vom 26.10.2020: Gesetzgebung im Gesundheitsnotstand