In Kürze

„MVZisierung“ mit Therapiefreiheit und Transparenz


Berlin (pag) – Bei der DGHO Frühjahrstagungsreihe „Onkologie und Ökonomie“ steht kürzlich die ambulante Krebsversorgung im Mittelpunkt. FDP-Gesundheitspolitiker Prof. Andrew Ullmann postuliert: „Die Zeit des onkologischen Einzelkämpfers ist vorbei.“ Krebsmediziner und Politiker diskutieren dort über ärztliche Zusammenarbeit, Sektorengrenzen und eine „MVZisierung“.

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In der Ärzteschaft sei der ökonomische Druck enorm, konstatiert Ullmann, der selbst Mediziner ist. Von der Politik werde dieser Druck noch vergrößert. Der Gedanke, dass Gesundheit lediglich ein Kostenfaktor ist, sei ein Fehldenken und müsse verändert werden, fordert Ullmann. Allerdings verweist er auch darauf, dass im Gesundheitswesen eine Milliarde Euro pro Tag ausgegeben werden. „Da könnten wir effektiver sein“, findet er und bringt unter anderem Netzwerkstrukturen ins Spiel.
Einig ist man sich auf der Tagung, dass die Sektorengrenzen eine effektive Zusammenarbeit oft verhindern. „Interaktion ist ein ganz zentrales Thema, damit Patienten nicht gegen eine Wand laufen, wenn sie in die Klinik hineingehen oder aus ihr herauskommen“, unterstreicht der niedergelassene Onkologe Dr. Ingo Tamm. Der Versuch der Politik, die Sektorengrenzen mittels der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) zu überwinden, ist für ihn jedoch nicht geglückt. Die ASV sei sehr starr, man könne dann nur mit jenen Versorgern zusammenarbeiten, mit denen man einen Vertrag abgeschlossen habe.
„Die Wirklichkeit ist aber, dass man als Praxis ganz viele Zuweiser hat, ambulante und stationäre.“ Tamms diplomatisches Fazit zum ersten Anlauf der ASV lautet daher: nicht überall ein Erfolgsmodell.

„Es gibt nicht gutes oder schlechtes Geld“

Von der Politik will Tamm, der am Kurfürstendamm in Berlin eine onkologische Schwerpunktpraxis betreibt, wissen, wie die „MVZisierung“ gesehen wird. Diese werde nicht nur von Kliniken betrieben. Hinter ihnen stünden in der Onkologie zum Großteil finanzstarke Holdings – „wie nimmt das die Politik wahr?“ Für die Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther sind die Medizinischen Versorgungszentren eine enorme Bereicherung der Versorgungslandschaft. Wenn Private Equity Fonds in diese Versorgung gehen, sei das weder grundsätzlich gut noch grundsätzlich schlecht. Einerseits gebe es viele Liquiditätsmittel, die investiert werden wollen, und andererseits bestehe im medizinischen Bereich mit den teuren Apparaturen und hohen Vorhaltekosten ein Bedarf an Investitionen. Für Kappert-Gonther lautet die entscheidende Frage, wie diese Synergien genutzt werden können – ohne dass die ärztliche Therapiefreiheit eingeschränkt wird. „Es gibt nicht gutes oder schlechtes Geld, sondern wir müssen gucken, wie wir für die Strukturen von MVZ, Ärztenetzen etc. politisch einen Rahmen setzen, der die ärztliche Therapiefreiheit sicherstellt und Transparenz gewährleistet.“ Bei Letzterem sieht sie dringenden Handlungsbedarf, denn man wisse zum Teil nicht, welche Trägerstrukturen in der Versorgungslandschaft eine Rolle spielen. Ausgeschlossen werden müsse, dass ärztliche Leistung, Materialien, Geräte, Wartungen, Ersatzteile etc. in einer Hand liegen.

 

Der FDP-Gesundheitspolitiker Prof. Andrew Ullmann postuliert: „Die Zeit des onkologischen Einzelkämpfers ist vorbei.“ © pag, Fiolka
Für die Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther sind die MVZ eine enorme Bereicherung der Versorgungslandschaft. © pag, Fiolka