Köln (pag) – Welche Rolle können therapeutische Berufe bei der Vermittlung von Gesundheitskompetenz spielen? Diese Frage diskutiert kürzlich das Deutsche Netzwerk für Gesundheitskompetenz. Es geht um Chancen und Hürden.
Die Referentinnen sind sich einig: Therapeuten haben das Fachwissen sowie die Erfahrung in Beratung und Anleitung, die zur Vermittlung von Gesundheitskompetenz benötigt werden. Ein weiterer Faktor: Im Vergleich zu Medizinern oder Pharmazeuten haben Therapeuten deutlich mehr Zeit, „um in Beziehung zu treten und uns auseinanderzusetzen“, sagt Ergotherapeutin Eva Denysiuk, Vorständin des Council of Occupational Therapists for the European Countries. Da Gesundheitskompetenz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, brauche es Vernetzung und interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den therapeutischen Professionen, so die einhellige Forderung der Runde. In der Ausbildung und im Studium komme das Thema Gesundheitskompetenz noch viel zu kurz, berichtet Corinna Wirner. Die Physiotherapeutin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Gemeinsam mit ihren Kollegen hat sie Lehrpläne für Physiotherapeuten untersucht. Ergebnis: Nur einer von 27 beinhaltet das Thema Gesundheitskompetenz. Gleichzeitig wollen 61 Prozent der von ihnen befragten Physiotherapeuten darüber in der Ausbildung lernen. „Es ist Interesse da. Das sollte man nutzen und darauf eingehen“, sagt Wirner. Außerdem fordert sie, die von den Therapeuten erbrachte Beratung zur Gesundheitskompetenz müsse als Leistung im Heilmittelkatalog vergütet werden.
Nah dran am Patienten
Denysiuk ist überzeugt, dass die starke Lebenswelt- und Klientenorientierung der Ergotherapeuten die „Grundlage für Gesundheitskompetenz“ sind. Die Berufsgruppe mache im Rahmen ihrer Therapie Gesundheitsinformationen erlebbar. Dazu gehörten Beratung und Umweltanpassung, aber eben auch den Patienten beizubringen, erhaltene Informationen anzuwenden. Ergotherapeuten helfen Menschen mit chronischen Erkrankungen, ihren Gesundheitszustand zu managen. „Dann wird häufig gesundheitskompetentes Handeln der Behandlungsauftrag“, sagt Denysiuk.
In der Sprachtherapie geht es um Sprache und kommunikative Kompetenzen. Beides sind für die Logopädin Lucie Hilscher „Voraussetzungen für eine adäquate Gesundheitskompetenz“. Durch ihre Tätigkeit hätten Logopäden Kontakt zu vulnerablen Zielgruppen, der für andere Leistungserbringer oft nur schwer herzustellen sei. Eine große Hürde ist für Hilscher allerdings, dass „Gesundheitsfachkräfte meist nicht in der Lage sind, die Gesundheitskompetenz ihrer Patientinnen und Patienten richtig zu bestimmen und sogar in den meisten Fällen die Fähigkeiten überschätzen“. Das sei für Patienten fatal.