In Kürze

Demenz-Netzwerk: Alle an einen Tisch

Berlin (pag) – Der Startschuss für das Translationale Netzwerk für Demenz-Versorgungsforschung (TaNDem) ist gefallen: Es soll den bundesweiten Austausch zwischen Wissenschaft, Versorgungspraxis und Menschen mit Demenz sowie deren Angehörigen ermöglichen. „Die Zeit ist reif dafür“, sagt Prof. Wolfgang Hoffmann, Standortsprecher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Rostock/Greifswald, bei der Auftaktveranstaltung.

Prof. Wolfgang Hoffmann, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Rostock / Greifswald © pag, Fiolka

Das Vorhaben ist Bestandteil der Nationalen Demenzstrategie der Bundesregierung. Mit einer Million Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das DZNE eine Infrastruktur erschaffen, welche Hoffmann zufolge die „drei Welten“ – Forschung, Versorgung und Betroffene – zusammenbringt. Die Idee: Das Netzwerk fungiert als Basis und Ideenschmiede für bundesweite Projekte der Versorgungsforschung. Hoffmann betont, dass es dafür bisher keine dauerhafte Plattform gab. „Wir wollen das Wagnis beginnen“, sagt er. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen rund um Demenz dürfte eine solche Vernetzung überfällig sein. Der Forscher nennt als Schwierigkeiten unter anderem: ein zu spätes Erkennen der Demenz, unerfüllte Bedarfe der Patienten sowie Schnittstellenprobleme.

Bei der Auftaktveranstaltung geht es auch darum, wie Demenzpatienten, Angehörige und Versorgungsakteure in konkrete Forschungsprojekte miteinbezogen werden können – Stichwort partizipative Forschung.
Demenzaktivistin Helga Rohra, Mitglied im DZNE-Patientenbeirat, stellt klar, dass dafür eine engmaschige Begleitung von Patienten, die sich in der Forschung engagieren, unerlässlich sei. „Stellen Sie mir jemanden an die Seite“, sagt die über 70-Jährige, die seit elf Jahren mit der Diagnose lebt. Eine weitere Herausforderung: Nachdem Rohra in Online-Gruppen andere Betroffene über TaNDem informiert hat, ist sie zu dem Schluss gekommen: „Mit dem Wort partizipative Forschung kann niemand etwas anfangen“.

Augenhöhe herstellen

Auch Demenzforscherin Prof. Martina Roes ist für die Bedeutung der Sprache sensibilisiert. Im Austausch mit anderen Gruppen hat sie gelernt, Menschen mit Diagnose nicht als Betroffene, sondern als „Experts by Experience“ zu definieren, berichtet sie. Das zeige, dass der Austausch mit anderen Partnern die Sprache verändere. „Wir müssen lernen, auf andere Weise zu kommunizieren“, sagt die DZNE-Standortsprecherin Witten. Eine weitere Aufgabe der Forschenden sieht sie darin, Augenhöhe herzustellen.

Roes‘ Kollege Prof. Stefan Teipel spricht in seinem Vortrag von den international zunehmenden Bemühungen, nicht-wissenschaftliche Akteure in die gesundheitsbezogene Forschung einzubeziehen. Ist das auch ein geeignetes Format bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen? Derzeitig gehe die Beteiligung selten über die Konsultation hinaus. Insbesondere in Deutschland sei das Thema noch ein „unerschlossenes Land“, so Teipel. Ihm zufolge kann Partizipation Forschenden neue Perspektiven eröffnen, beispielsweise in Form von Fragestellungen, die sie bisher nicht berücksichtigt haben. Dem steht aber nicht zuletzt ein höherer Aufwand an Zeit und Ressourcen gegenüber. Der Wissenschaftler aus Rostock empfiehlt daher: Der partizipatorische Ansatz ist bereits in der Planungsphase aktiv zu berücksichtigen. Die Rollen von Forschern und Ko-Forschern müssen von vornherein geklärt sein.