In Kürze

Modernisierungsbemühungen um Leitlinien

Berlin (pag) – Wie zeitgemäß sind die gegenwärtigen Leitlinienformate? Und wie kann das Wissen daraus breiter genutzt werden, etwa in digitale Anwendungen implementiert werden? Diese Fragen treiben zurzeit die Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) und das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) um.

Seit fast 20 Jahren entwickelt das ÄZQ die Nationalen VersorgungsLeitlinien (NVL). Bei einer breit angelegten Online-Umfrage und in Telefoninterviews wollte das Zentrum von Ärztinnen und Ärzten wissen: Wie hilfreich sind die Therapieempfehlungen für den ärztlichen Alltag? Welche Formate benötigen Praxen und Kliniken, wo besteht Weiterentwicklungsbedarf? An der Erhebung haben über 550 Personen teilgenommen.

Hilfreich, aber …

Die Evaluation hat ergeben, dass viele Ärztinnen und Ärzte die Leitlinien nutzen und als hilfreich empfinden. „Um die Leitlinien noch anwendungsfreundlicher zu gestalten, braucht es jedoch kürzere Formate und eine schnellere – besonders digitale – Auffindbarkeit von Informationen“, hält das ÄZQ fest. Auf die Frage nach dem bevorzugten Medium für Leitlinien rangieren Computer oder Laptop auf dem ersten Platz (61 Prozent), gefolgt von Ausdruck (16 Prozent) sowie Smartphone und Tablet (14 Prozent).

© iStockphoto.com, wakila

Die AWMF verlangt derweil von der Gesundheitspolitik, Leitlinienwissen verstärkt in digitale Versorgungsstrukturen zu implementieren. Evidenzbasiertes Wissen solle in digitalen Gesundheitsanwendungen, Patienteninformationen oder Arztinformationssysteme integriert werden. „Für uns als AWMF ist klar, dass digitale Anwendungen evidenzbasiert sein müssen, also auf Leitlinienwissen basieren müssen“, sagt der stellvertretende AWMF-Präsident Prof. Henning Schliephake.

Nationaler Aktionsplan gefordert

Das AWMF-Institut für Medizinisches Wissensmanagement (AWMF-IMWi) arbeitet derzeit daran, das Leitlinienregister der AWMF in eine digitale Softwarestruktur zu überführen. „Unser Ziel ist es, über ein digitales Leitlinienregister Leitlinienwissen in der Breite des Gesundheitswesens über Systemgrenzen hinweg nutzbar zu machen. Für die Umsetzung fordert die Arbeitsgemeinschaft einen nationalen Aktionsplan, der Maßnahmen zur weiteren Digitalisierung der Leitlinien beinhaltet.
Zur Erinnerung: Das Digitale-Versorgung-Gesetz hat in der vergangenen Legislatur wichtige Weichen in punkto Leitlinien gestellt: zum einen ist eine Finanzierung für deren Entwicklung oder Weitentwicklung durch den Innovationsfonds möglich, zum anderen kann das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit der Recherche des Wissensstandes beauftragt werden.

 

Weiterführender Link:

Warum ein nationaler Aktionsplan die Digitalisierung der Leitlinien flankieren müsse, erläutern Prof. Ina Kopp und Prof. Henning Schliephake von der AWMF im „Interview des Monats“ (November 2021).
www.gerechte-gesundheit.de/debatte/interviews/uebersicht/detail/interview/93.html