Berlin (opg) – Die Reform der Notfallversorgung hat die neue Regierung von der alten geerbt. Zwar liegen tragfähige Reformrezepte längst auf dem Tisch – Stichwort Sachverständigenrat –, doch die Umsetzung gestaltet sich schwierig. Das liegt nicht zuletzt an der Beteiligung der Länder. Auch beim Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Anfang Dezember wird darüber diskutiert. Dort zeigt sich, dass medizinische von politischen Fragen nicht immer einfach zu trennen sind.
Das erste Pro/Kontra in der Session zu neuen Strukturen in der Akut- und Notfallmedizin findet zu folgender These statt: „Alle Fachabteilungen in der Notaufnahme ist der richtige Weg“. Prof. Helge Topka, Chefarzt am Klinikum Bogenhausen, vertritt die Pro-Position. Er legt anhand mehrerer Studien dar, dass Spezialisten eine geringere Fehlerquote haben. Beispiele dafür sind etwa das Erkennen von zerebellären Infarkten sowie richtige EKG-Auswertungen. „Wir haben ein Problem mit der initialen Einschätzung“, sagt er. Schnell wird es grundsätzlich. Topka fragt zum Beispiel: Sind die richtigen Patienten in der Notaufnahme? Welche Strukturen versorgen wen? Der Neurologe definiert die zentrale Notaufnahme als hochspezialisierte Einrichtung für schwerwiegend Erkrankte. Aber ist sie das in der Praxis tatsächlich?
Michael Reindl, Leitender Notarzt der Stadt Oberhausen, stellt die Kontra-Position dar. Er weist darauf hin, dass sich dort 50 Prozent der Patienten selbst vorstellten. „Patienten kommen nicht mit einer Diagnose, sondern mit Symptomen“, betont er ebenfalls. Diejenigen mit keinem klaren Leitsymptom hätten eine vielfach erhöhte Mortalität. Er argumentiert, dass immer mehr Konsile zu einer längeren Verweildauer führten, damit steige die Mortalität. Auch er fragt ganz grundsätzlich, wem der Patient gehöre. Es gebe ein Tauziehen, das politisch getriggert sei.
Das zweite Pro/Kontra in der Session beschäftigt sich mit der medizinischen Ersteinschätzung mit SmED. Der Vorstandsvorsitzende des Zi, Dr. Dominik Graf von Stillfried, stellt das Instrument vor. Er berichtet von positiven Erfahrungen im Praxistest. Bei der anschließenden Diskussion hebt er unter anderem hervor, dass es ausgewogene Kooperationsstrukturen brauche. Auch müsse niemand SmED benutzen. Politisch ist das Instrument gewünscht und wird wohlwollend aufgenommen. An der Basis kann es anders aussehen, wie der Kontra-Beitrag von Dr. Harald Dormann zeigt. Der Chefarzt der zentralen Notaufnahme des Klinikums Fürth befürchtet eine Potenzierung von Weiterleistungszuständigkeiten und ist außerdem davon überzeugt, dass eine Weiterleitung ohne Arztkontakt keine valide Grundlage habe.