In Kürze

Krebsberatung: Kritik am Windhundprinzip

Berlin (pag) – Seit drei Jahren gibt es sie in der Regelversorgung: die ambulante psychosoziale Krebsberatung. Eine Zwischenbilanz zieht die Deutsche Krebsgesellschaft kürzlich auf einer Veranstaltung. Dort wird deutlich: Es gibt noch viel Verbesserungspotenzial.

Wie klappt die Förderung der Krebsberatungsstellen? Kathleen Lehmann (links) vom GKV-Spitzenverband und Hanna Bohnenkamp (rechts), Leiterin der KBS der Hessischen Krebsgesellschaft, berichten über ihre Erfahrungen. © pag, Fiolka

 

Die Finanzierung der Krebsberatungsstellen (KBS) ist gesichert, aber die vom GKV-Spitzenverband (GKV-SV) erlassenen Förderrichtlinien, nach denen das Finanzvolumen von 42 Millionen Euro auf der Grundlage des Königsteiner Schlüssels verteilt werden, müssen noch nachjustiert werden. Das weiß auch Kathleen Lehmann, Referentin Ambulante Versorgung im GKV-SV, die über ihre Erfahrungswerte referiert. Um herauszufinden, wie die Verteilung der Fördermittel auf die KBS hinsichtlich einer flächendeckenden Versorgung aussieht, nimmt der GKV-SV statistische Auswertungen vor. Danach finden sich die mit Abstand meisten geförderten KBS in Nordrhein-Westfalen (22), Baden-Württemberg (18) und Bayern (10). Schlusslichter sind Mecklenburg-Vorpommern und Saarland (je 1) und die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen (je 2). Um allerdings genauere Aussagen über den Versorgungsgrad machen zu können, müssten auch die unterschiedlichen Größen, Personalausstattung und inhaltliche Ausrichtung betrachtet werden. Legt man den Bezug zur Einwohnerzahl zugrunde, so sieht das Bild schon ganz anders aus: Danach stehen Sachsen, Thüringen und Hamburg bei geförderten KBS ganz oben und Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen sind abgeschlagen.

ÖGD quersubventioniert?

Die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen unterzieht Rechtsanwalt Prof. Peter Wigge einer kritischen Bestandsaufnahme. Er konstatiert: „Die Regelförderung der Krebsberatungsstellen befindet sich im Spannungsfeld der vom Gesetzgeber intendierten einrichtungsbezogenen Unterstützung und der rechtlich definierten Aufgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung.“

Für die Beratungsstellen spricht Hanna Bohnenkamp. Die Leiterin der KBS der Hessischen Krebsgesellschaft kritisiert das „Windhundprinzip“, wonach die Fördermittel nach Reihenfolge des Antragseingangs vergeben werden. Das könne dazu führen, dass bereits etablierte Stellen in der nächsten Förderperiode auf der Strecke blieben. Die Psychologin kritisiert außerdem die Vorgaben der Wirtschaftlichkeitsprüfung: Es würden nur die Beratungsleistungen angeschaut und die vielen darüberhinausgehenden Angebote nicht einbezogen.

Ein Zuhörer, der aus Dresden angereist ist, meldet sich in der Diskussion zu Wort: Alle Fördergelder seien im Nu ausgeschöpft gewesen. Für sein Angebot der psychoonkologischen Beratung für Kinder und Jugendliche sei nichts mehr übrig. Der Grund ist schnell gefunden: Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) in Sachsen und Thüringen hat sich nach dem „Windhundprinzip“ an dem Fördertopf kräftig bedient. Ist das Sinn der Sache, den ÖGD mit Quersubventionen zu unterstützen? Kathleen Lehmann sieht hier durchaus Korrekturbedarf und räumt ein, dass dies so nicht gewollt sei.

 

Die Kosten der Krebsberatung
– 21 Mio. Euro Fördersumme im Jahr 2020
– 42 Mio. Euro Fördersumme ab 2021 per Gesetz
– GKV förderte 104 KBS im Jahr 2022
– PKV fördert anteilig mit sieben Prozent