Berlin (pag) – Klinische Studien gelten als das „Rückgrat der evidenzbasierten Medizin“: Sie testen neue Wirkstoffe und Behandlungen erstmals am Menschen. Doch viele Studienergebnisse deutscher Hochschulen werden entweder gar nicht veröffentlicht oder sie sind nicht öffentlich zugänglich, kritisieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des QUEST Center am Berlin Institute of Health (BIH) der Charité. Ein von ihnen entwickeltes Dashboard soll jetzt für mehr Transparenz sorgen.
Dem QUEST Center zufolge werden zu einem guten Viertel der an Universitäten und Krankenhäusern durchgeführten klinischen Studien auch Jahre nach Abschluss keine Ergebnisse publiziert. Die Folge: Andere Wissenschaftler und Ärzte erfahren nicht, ob eine bestimmte medizinische Intervention bereits getestet wurde, oder ob sich eine zweite Auswertung der Ergebnisse lohnen würde. „Patientinnen und Patienten haben sich zur Studienteilnahme bereit erklärt, um die Wissenschaft und die Medizin voranzubringen. Ihnen gegenüber besteht die Verpflichtung, Studienergebnisse zu veröffentlichen“, sagt der stellvertretende QUEST-Direktor Prof. Daniel Strech. Außerdem sei es aus ethischer Sicht zumindest fragwürdig, Ergebnisse von mit Steuermitteln finanzierten Studien nicht offenzulegen.
Wer weiß was?
Sein Team hat Informationen von etwa 3.000 klinischen Studien gesammelt, die in einem von zwei etablierten Registern aufgeführt sind und von einer der 35 Universitätsklinika in Deutschland durchgeführt werden. Dabei wurde folgenden Fragen nachgegangen: Hat der Studienleiter die Ergebnisse veröffentlicht? Wurde die Studie vor Beginn registriert? Wurde im Register auf die Veröffentlichung der Ergebnisse hingewiesen? Waren die Ergebnisse öffentlich einsehbar?
Das neue Dashboard präsentiert die Ergebnisse zu den Transparenzindikatoren sowohl für ganz Deutschland als auch für die einzelnen Universitäten. Die Universitätskliniken wissen QUEST zufolge oft selbst nicht genau, wie viele ihrer Studien transparent registriert und veröffentlicht sind. Auch die Förderorganisationen kennen die Veröffentlichungsquote der von ihnen finanzierten Studien nicht.
Transparenz mit Folgen
Strech ist davon überzeugt, dass öffentliche Informationen zur Transparenz einen großen Effekt haben können und verweist auf eine Internetseite der Universität Oxford. Diese informiere über die Transparenz von Arzneimittelstudien im europäischen Register. Dort habe die Charité zunächst weit abgeschlagen auf den hinteren Rängen gelegen. „Nachdem wir uns mit dem Clinical Study Center der Charité besprochen haben, und dort ein Prozess zur Verbesserung gestartet wurde, konnte man einen regen Anstieg in der Transparenz beobachten“, berichtet Strech. Die Charité liege mit der Veröffentlichung der Ergebnisse von 97 Prozent ihrer Studien mittlerweile ganz vorne.
Weiterführender Link:
Das Dashboard des QUEST Center kann hier eingesehen werden
https://quest-cttd.bihealth.org/