Berlin (pag) – Ein neuer Aktionsplan, ein Weißbuch, mehr Sichtbarkeit: Mit handfesten Vorschlägen und Zielen tauschen sich betroffene Eltern sowie Bundes- und Europapolitiker auf einem Fachgespräch des Pharmaunternehmens Takeda anlässlich des Tags der Seltenen Erkrankungen aus. Im Blick haben sie dabei die Europawahl am 9. Juni.
Erich Irlstorfer weiß Manfred Weber, Chef der stärksten Fraktion im Europa-Parlament – der EVP – an seiner Seite. Irlstorfer, CSU-Bundestagsabgeordneter und Schirmherr des Tags der Seltenen Erkrankungen, kündigt an: „Wir werden ein Weißbuch erstellen“. Ein Weißbuch zu Seltenen Erkrankungen. Darin berichteten Selbsthilfeorganisationen, was in der Versorgung gut läuft und wo Verbesserungsbedarf besteht, so Irlstorfer. Nach derzeitigem Stand soll das Buch im Juni veröffentlicht werden. Doch wer ist wir? Da kommt Irlstorfers Parteifreund Weber ins Spiel. Denn dieser habe zu dem Bundestagsabgeordneten gesagt: „Wir müssen das europäisch machen.“ Das Buch soll sich an politische Entscheidungsträger in der EU und ihren Mitgliedsstaaten richten.
Für einen europäischen Aktionsplan zu Seltenen Erkrankungen rührt Geske Wehr die Werbetrommel. Sie ist Generalsekretärin von Eurordis, eine Allianz, die über 1.000 Patientenorganisationen vertritt und die Kampagne „#30millionreasons for Europe to take action on rare diseases“ gestartet hat, um eine neue Strategie anzustoßen. „In Europa haben wir das Problem, das nicht alle Medikamente, die zugelassen sind, verfügbar sind“, konstatiert sie.
Sie hofft, dass im Juni Politiker gewählt werden, die dem Thema Seltene Erkrankungen offen gegenüberstehen. Drei von ihnen sind beim Fachgespräch zu Gast. „Wir müssen in Ausbildung und Wissenstransfer investieren, um sicherzustellen, dass Orphan-Datenbanken effektiv genutzt werden“, fordert der zugeschaltete Spitzenkandidat der Familien-Partei Helmut Geuking. Live vor Ort ist Dr. Philipp Mathmann, Kandidat der Grünen für die Europawahl. „Es ist wichtig, die Gesetzgebung an die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten anzupassen und das Bewusstsein für Seltene Erkrankungen zu erhöhen”, wünscht sich der stellvertretende Direktor der Klinik für Phoniatrie und Pädaudiologie am Universitätsklinikum Münster. Seine zugeschaltete Parteifreundin und Europaabgeordnete Katrin Langensiepen glaubt, dass Orphan Diseases in den Fokus der EU rücken könnten. „Wir haben hier die Gelegenheit, gemeinsam eine Vision für die Zukunft zu entwickeln und die Versorgung nachhaltig zu verbessern.”
Pharmapaket ist Chefsache
Einige Hoffnungen werden in das EU-Pharmapaket gesetzt. So soll die Marktexklusivität für Orphan Drugs bei hohem ungedeckten Therapiebedarf um bis zu elf Jahre verlängert werden. In Deutschland genieße das Pharmapaket hohe Priorität und werde im Bundeskanzleramt „vorrangig“ behandelt, betont die SPD-Bundestagsabgeordnete und Kinderärztin Nezahat Baradari.
Doch nicht nur die EU-Ebene wird auf der Veranstaltung beleuchtet. Astrid Diederichs, deren Tochter mit dem Smith-Magenis-Syndrom lebt, will nicht, dass sich Angehörige oder Betroffene nach Diagnosestellung mit Krankenkassen, Schulämtern oder Therapeuten herumschlagen müssen. Ferner sollte die Lebensqualität erhöht werden, verlangt die Vertreterin des Selbsthilfevereins Sirius. „Das erwarte ich von der Politik.“