Berlin (pag) – Die Debatte um Medizinische Versorgungszentren (MVZ) geht weiter: Eine neue Studie will mehr Evidenz schaffen, während ein Fachgespräch im Bundestag zum Politikum wird. Fest steht: Das Thema ist noch immer höchst kontrovers.
Der Gesundheitsausschuss hat sich kürzlich mit „Private Equity im Gesundheitswesen“ befasst. Dabei geht es vor allem um die sogenannten investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ). Deren Anteil liegt laut Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, im zahnärztlichen Bereich bei 30 Prozent – Tendenz steigend. Er kritisiert: Die Investoren suchten sich nur lukrative Standorte aus. An der Versorgung vulnerabler Gruppen hätten iMVZ nur einen verschwindend geringen Anteil. Viele seien überdies in den Händen sehr weniger Großinvestoren.
Prof. Andreas Ladurner, Hochschule Aalen, hebt dagegen die Bedeutung der Zentren für die Versorgung hervor. Sie erlaubten eine skalierbare Organisation der ambulanten Versorgung mit einem professionellen Management.
Das Rad zurückdrehen?
Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, rät bei der Sitzung von einer stark regulativen Gesetzgebung ab, die womöglich vor Gerichten nicht standhalten könnte. Es mache keinen Sinn, das Rad wieder zurückzudrehen, denn 20 Jahre nach Einführung der MVZ 2004 gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese eine schlechtere Versorgung gewährleisteten. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns findet diese Aussagen Gassens „irreführend und befremdlich“. „Wir stehen weiter hin vollumfänglich hinter der Initiative des Bundesrates, die großflächige Verbreitung von iMVZ, die von Finanzinvestoren beherrscht werden, im deutschen Gesundheitswesen wirksam zu begrenzen“, betonen Dr. Christian Pfeiffer, Dr. Peter Heinz und Dr. Claudia Ritter-Rupp. Sie befürchten eine Kettenbildung und Monopolisierung im Gesundheitswesen.
Einen weiteren Impuls liefert die Studie von Prof. Frank-Ulrich Fricke, TH Nürnberg, im Auftrag des Verbandes der Akkreditierten Labore in der Medizin und des Bundesverbandes der Betreiber Medizinischer Versorgungszentren. Der Titel: „Evidenz hilft: Beeinflusst die Übernahme durch private, nicht-ärztliche Kapitalgeber das Abrechnungsverhalten von MVZ?“. Fricke kommt zu dem Schluss, dass die Untersuchung der Vorwürfe mit Routinedaten ohne besonderen Aufwand möglich wäre. Die Auftraggeber halten regelmäßig Auffälligkeitsprüfungen für sinnvoll, zumal sie meist automatisiert durchführbar seien. Für Fricke liefert die explorative Studie einen praktikablen Ansatz, der vergleichende Untersuchungen des Abrechnungsverhaltens von ambulanten Einrichtungen auf Basis vorhandener Daten ermöglicht. Ob die Übernahme durch nicht-ärztliche Kapitalgeber das Abrechnungsverhalten beeinflusst, beantwortet der Ökonom indes nicht, denn die Fallstudie ist nicht repräsentativ: Lediglich 17 Einrichtungen in neun KV-Regionen haben teilgenommen – zu wenige, „um generalisierende Aussagen über die Machbarkeit der Untersuchung hinaus treffen zu können“, schränkt Fricke ein.