Berlin (pag) – Nicht nur ein Stück Papier, sondern ein ganzes Navigationssystem sieht die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger in der Nationalen Strategie für gen- und zellbasierte Therapien (GCT). Dessen Ziele reichen von besserer Versorgung bis zur Stärkung des Forschungs- und Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Diesen nationalen „Meilenstein“, wie die Ministerin sagt, überreicht ihr kürzlich das Berlin Institute of Health in der Charité (BIH). Noch länger als die 140 Seiten starke Strategie ist die Zahl an Experten, die im Erarbeitungsprozess involviert sind. Über 150 Stakeholder vernetzen ihre Expertise und ebnen den Weg „aus den Silos“, lobt Stark-Watzinger. Sie fährt fort: „Diese Zusammenarbeit von Wissenschaft, Wirtschaft, öffentlicher Hand und Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg.“
Der Fahrplan der Strategie umgreift acht Handlungsfelder – von „Ausbildung und Kompetenzstärkung“ über „Technologietransfer“ zu „Forschung und Entwicklung“ und „Marktzulassung und Übergang in die Versorgung“. Die innovativen Gen- und Zelltherapien bieten für Patienten kausale Wirkungsprinzipien und potenziell langanhaltende Effekte. Sie können bei seltenen genetischen, aber auch bei häufig erworbenen Erkrankungen eingesetzt werden. Die Therapien eröffnen insbesondere Perspektiven für Patienten mit schweren oder seltenen Erkrankungen, für die es bisher keine Therapie gibt. Verfolgt wird auch das Ziel, den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb für die Entwicklung sicherer, effizienter und nachhaltig finanzierbarer GCT zu stärken.
Schon jetzt blicke Deutschland auf eine exzellente Grundlagenforschung, hebt Stark-Watzinger hervor. Doch Luft nach oben bleibe in der Translation.
Ein Biotech-Ökosystem
Nur eine Woche nach der Präsentation der Strategie stellen Charité und Bayer ihre Pläne zur Errichtung des Berlin Center for Gene and Cell Therapies vor. Das Translationszentrum für Gen- und Zelltherapien wird maßgeblich von der Bundesregierung sowie dem Land Berlin finanziell gefördert und unterstützt. Ziel ist es, die Behandlungsmöglichkeiten dieser Technologien schneller Patienten zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig in der Hauptstadt ein führendes Biotech-Ökosystem für neuartige Therapien aufzubauen. Bereits im Frühjahr hat der Verband forschender Arzneimittelhersteller mitgeteilt, dass Deutschland bei der Entwicklung von Gen-, Zell- und Gewebetherapeutika („Advanced Therapy Medicinal Products“, kurz ATMP) aufhole. 2023 finden 78 klinische Studien mit jenen Medikamenten unter Mitwirkung deutscher Einrichtungen statt oder sind geplant. Das seien rund viereinhalbmal mehr als noch 2018. Zu 92 Prozent sind die Initiatoren dieser Studien Unternehmen. Forschungseinrichtungen geben in drei Prozent den Anstoß. Die verbleibenden fünf Prozent werden gemeinsam von Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf den Weg gebracht. Die Angaben basieren auf Daten des Datenbankanbieters Citeline.