Berlin (pag) – Patienten mit einer seltenen Erkrankung oder einer fortgeschrittenen Krebserkrankung soll mit einer schnelleren Diagnosestellung oder einer zielgerichteteren Therapieempfehlung geholfen werden. Das ist das Ziel eines Modellvorhaben, das die Genomsequenzierung an Universitätskliniken ermöglicht. Auf dem Symposium der Initiative genomDE spricht Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach von einem „Startschuss für die Genomforschung, die wir in Deutschland lange gebraucht haben“.
Die Initiative genomDe hat zentrale Elemente für das Modellvorhaben Genomsequenzierung nach Paragraf 64 e SGB V entwickelt. Vertragspartner sind der GKV-Spitzenverband und der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD). Teilnehmen werden über 20 Universitätsstandorte, der Kassenverband zahlt für die fünfeinhalbjährige Laufzeit 700 Millionen Euro. Die Verantwortlichen rechnen mit etwa 50.000 teilnehmenden Patienten.
Medizinische Lücken
Lauterbach warnt bei genomDE vor einem großen medizinischen Bedarf, der derzeit nicht gedeckt werden könne. „Ohne mehr Genomforschung, ohne mehr Genomnutzung in der Versorgung, ohne mehr Medizinforschung, ohne die bessere Nutzung der künstlichen Intelligenz wird es uns einfach nicht gelingen, diese großen Lücken zu schließen.“ Beispielhaft nennt er Versorgungslücken bei Patien-ten mit Krebs, Demenz, Parkinson, Multipler Sklerose und seltenen Erkrankungen.
Dennoch ist der Minister optimistisch. Man befinde sich am „Vorabend einer medizinischen Revolution“. Diese werden durch zwei wesentliche Achsen getragen: die bessere Nutzung genetischer Daten sowie die Nutzung der künstlichen Intelligenz. Dort, wo sich die Achsen kreuzen, finde der medizinische Fortschritt statt. Mit dem vom 2021 verabschiedeten Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung wurde die rechtliche Grundlage für das Modellvorhaben gelegt. Es soll diese hochmoderne und komplexe Diagnostik in der Versorgung erproben und mögliche zukünftige Anwendungsfälle identifizieren. Lauterbach zufolge ist die Genomsequenzierung in den letzten Jahren viel besser und günstiger geworden.
Für VUD-Generalsekretär Jens Bussmann ist das Modellvorhaben Neuland. Aber ohne die Initiative wäre die Genomsequenzierung „lost in regulation“. Er sieht das Modellvorgaben daher als positives Beispiel für die Einführung von Innovationen im Gesundheitswesen.
Daten, Daten, Daten
Viele Experten betonen auf dem Symposium, dass der Erfolg des Vorhabens von den gesammelten medizinischen Daten und deren Qualität abhinge. Eine wichtige Rolle beim Datenaustausch und -sammeln spielt die Dateninfrastruktur des Projekts. Diese besteht unter anderem aus sieben klinischen Datenknoten, sechs Genomrechenzentren und Datendiensten. Plattformträger ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, die Vertrauensstelle ist beim Robert Koch-Institut eingerichtet.