In Kürze

Gesundheitssicherheit: Immenser Nachholbedarf

Berlin (pag) – „Health Security ist ein in Deutschland bislang im Wesentlichen unbeachtetes Thema“, stellt Charité-Chef Prof. Heyo Kroemer fest. Der Vorsitzende des ExpertInnenrats „Gesundheit und Resilienz“ kritisiert anlässlich der siebten Stellungnahme des Gremiums, dass Deutschland „nicht gut auf das Management von Großschadenslagen“ vorbereitet sei, die das Gesundheitswesen betreffen und eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen staatlichen Stellen erfordern.

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Der Titel der siebenseitigen Stellungnahme lautet: „Resilienz und Gesundheitssicherheit im Krisen- und Bündnisfall“. Die Autoren weisen darauf hin, dass militärische Konflikte zukünftig für Deutschland und Europa nicht ausgeschlossen werden könnten. Deshalb müssten sie in der Ausgestaltung der Gesundheitssicherheit in Deutschland mitberücksichtigt werden. Insgesamt raten die Experten dazu, das Aufrechterhalten der Gesundheitssicherheit nicht nur auf reaktiv technische Handlungen zu begrenzen, wie etwa Cyberabwehr bei Cyberangriffen. Vielmehr müsse die Bevölkerung frühzeitig, proaktiv und umfassend vorbereitet werden. Im Repertoire der Maßnahmen werden zuerst die erforderlichen gesetzlichen Regelungen angemahnt. Gemeint ist insbesondere das Gesundheitssicherstellungsgesetz. Das Gesetzesvorhaben liegt seit dem Ampel-Bruch allerdings auf Eis. Den Experten zufolge soll das Gesetz die zivile und militärische Gesundheitsversorgung verzahnen und die jeweiligen Aufgaben zuteilen. Zudem sei eine personelle Reserve zu schulen, die im Krisenfall verstärkend helfen kann.

Starke Fragmentierung

Prof. Leif-Erik Sander, Mitglied des ExpertInnenrats und Klinikdirektor der Infektiologie der Charité, konstatiert: „Neben der in weiten Teilen unzureichenden Infrastruktur erschwert vor allem die starke Fragmentierung von Expertisen und Zuständigkeiten eine effektive Vorbereitung des Gesundheitswesens auf Sicherheitskrisen.“ Sander macht einen Bedarf an gezielten Investitionen und einer koordinierten, intensiven Vorbereitung aller relevanten Akteure aus. Dies erfordere neben klaren gesetzlichen Regelungen eine politische Prioritätensetzung für Gesundheitssicherheit.

Die Experten mahnen an, sich „unverzüglich“ den nötigen Vorbereitungs- und Organisationsaufgaben zu widmen. Der ständige Gast des ExpertInnenrats, Generalstabsarzt Dr. Hans-Ulrich Holtherm, ergänzt, dass das Gesundheitswesen bereits heute regelmäßig hybriden Attacken, wie etwa Cyberangriffen auf die IT-Systeme, ausgesetzt sei. „Um gegen solche und weitere, im Rahmen von Krisensituationen mögliche Risiken vorbereitet zu sein, ist eine resiliente Ausgestaltung des Gesundheitssystems in Deutschland notwendig.“

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Charité-Chef Prof. Heyo Kroemer (Foto links, © pag, Fiolka) und Generalstabsarzt Dr. Hans-Ulrich Holtherm (© Bundeswehr)

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Weiterführender Link:
Stellungnahme des Expert-Innenrats „Gesundheit und Resilienz“