Leipzig/Halle (pag) – Ein Forschungskonsortium der Universität Leipzig und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat mehr als 500 Apothekerinnen und Apotheker zur Häufigkeit und Belastung ethischer Konflikte bei ihrer Arbeit befragt. Eine Erkenntnis: Die Berufsgruppe kann schnell vor ethischen Konflikten stehen. Dennoch ist das Thema bisher kaum untersucht.
Ziel der Forschungsarbeit ist es, die Häufigkeit und empfundene Belastung durch ethische Konflikte in öffentlichen Apotheken zu untersuchen. Als häufigsten Konflikt nennen die Teilnehmenden, dass das von der Krankenkasse erstattete Rabattarzneimittel aus pharmazeutischer Sicht nicht am besten zur Therapie geeignet sei. Das zweithäufigste Dilemma ist, dass sie aufgrund von Lieferengpässen auf weniger geeignete Alternativen ausweichen mussten. Platz drei der häufigsten Antworten: Dem Apotheker liegt eine dringende Verschreibung vor, diese enthält jedoch einen formalen Fehler, sodass eine Rücksprache mit dem Arzt erforderlich ist, welcher nicht zu erreichen ist.

Kollidierende ethische Prinzipien
Definiert wurden 15 Entscheidungssituationen unter Berücksichtigung von kollidierenden ethischen Prinzipien. Sieben der vorab definierten ethischen Konflikte traten bei den Befragten mindestens einmal pro Woche auf. Die Teilnehmenden bewerteten die von einem multiprofessionellen Expertenteam definierten Konflikte in Bezug auf ihre Häufigkeit und die empfundene Belastung. Anschließend wurden die Befragten gebeten, den Einfluss auf ihre Entscheidungsfindung anzugeben. Die Auswertung ergibt, dass drei Überlegungen bevorzugt bei ethischen Konflikten einbezogen werden: pharmazeutisches Wissen, rechtliche Anforderungen und persönliche Wertvorstellungen. „Das beinhaltet ethische Konflikte und Herausforderungen, bei denen Abwägungen zwischen unterschiedlichen Werten beziehungsweise Normen getroffen werden müssen“, erläutert Medizinethiker Prof. Jan Schildmann von der Universitätsmedizin Halle.
Das Autorenteam der Studie zieht aus den Ergebnissen unter anderem folgende Schlussfolgerungen: Ethische Inhalte sollten künftig stärker als bisher bereits in der Ausbildung von Apothekerinnen und Apothekern berücksichtigt werden. Auch im Rahmen von Fortbildungen und mit anderen Berufsgruppen sollten ethische Diskussionen geführt werden.