In Kürze

„Personalisierte Prävention“ in der Neurologie

Berlin (pag) – „Prävention innovativer denken“, lautet der Appell von Prof. Daniela Berg, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Anstelle allgemeiner Gesund-
heitsappelle denkt die Parkinson-Expertin an eine „personalisierte Prävention“ – dank mole-
kularer Diagnostik und KI seien in der Neurologie individuelle Risikoprognosen und „Frühest-diagnosen“ möglich, die Handlungsräume für konkrete Präventionsmaßnahmen öffneten.

„Die Medizin in Deutschland ist hochwertig, aber offensichtlich gehen wir nicht nachhaltig genug mit dieser Ressource um“, konstatiert Berg. Es werde eine „kostenintensive Reparaturmedizin“ betrieben, aber nicht in ein besseres Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung investiert, um behandlungsintensive Krankheiten von vornherein zu vermeiden. Die derzeitige gesundheitsökonomische Misere ist Berg zufolge auch Konsequenz einer seit Jahren fehlgeleiteten Incentivierung.

Die DGN-Präsidentin will, dass die Neurologie eine Vorreiterrolle einnimmt, präventive Neurologie soll zu einer Säule des Fachs ausgebaut werden. „Wenn wir wissen, dass bis zu 90 Prozent aller Schlaganfälle auf vermeidbare Risikofaktoren zurückzuführen sind, die Fallzahlen steigen und gleichzeitig die medizinische Versorgung personell wie budgetär an ihre Grenzen stößt, ist Prävention eine effektive Stellschraube.“ Diese nicht zu nutzen, dürfe und könne man sich nicht länger leisten.

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Präzise persönliche Risikoeinschätzung

Berg möchte im Schulterschluss mit Politik und Gesellschaft ein Umdenken anstoßen und wirbt für eine innovative Prävention von neurologischen Krankheiten. Dabei setzt die Expertin auf eine personalisierte Prävention mithilfe neuester Frühdiagnostik und KI-basierter Technologien. Sie erläutert: „Wir haben in der Neurologie viele Krankheiten mit Vorlaufphasen von vielen Jahren und sind zunehmend in der Lage, diese, lange bevor sie klinisch manifest werden, zu diagnostizieren.“ Darüber hinaus ermögliche KI die Generierung von Tools zur präzisen persönlichen Risikoeinschätzung. Wenn ein Mensch wisse, dass er in zehn Jahren an einer Demenz erkranken wird oder sein Schlaganfallrisiko 83 Prozent beträgt, ist die Bereitschaft, eine gesunde Lebensweise anzunehmen und gezielte Präventionsmaßnahmen konsequent umzusetzen, sehr viel höher, so Berg. Erkrankungen könnten dadurch effektiv hinausgezögert, einige auch ganz verhindert werden.

Nach Jahren der Entwicklung von personalisierten Therapien ist es nach Ansicht der Expertin an der Zeit, auch die Prävention zu personalisieren, die Tools dafür gebe es. Wichtig sei dabei auch, die Menschen zu erreichen, die von gezielten Präventionsmaßnahmen besonders profitieren, was heutzutage über soziale Medien möglich sei. „Prävention braucht auch ein besseres Image – weg von Verboten hin zu einer positiven Vermittlung von Chancen und der Freude daran, diesen Mehrwert zu nutzen“, argumentiert die Ärztin. Ein gesunder Lebensstil sollte nicht als Verzicht, sondern als Bereicherung wahrgenommen werden.