Hannover (pag) – Die Beteiligung von Bürgern in kommunalen Gesundheitsfragen steht kürzlich im Mittelpunkt einer Veranstaltung der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen. Dort nennt Sarah Riedel von der Stiftung Mitarbeit entscheidende Erfolgsfaktoren für diese Partizipationsform. Am wichtigsten: Dialoge auf Augenhöhe und „sich ehrlich machen“.

„In der Regel merken Bürger, wenn sie aufs Korn genommen werden“, betont Riedel. Dazu gehörten Beteiligungs-Inszenierungen, bei denen Bürger nach einer bereits getroffenen Entscheidung „alibi-mäßig“ hinzuzugezogen werden. Die Expertin empfiehlt, Bürgern von Anfang an transparent zu machen, welchen Einfluss die Beteiligung hat und wo Grenzen liegen.
Vom „Bürgerbeirat Gesundheit“ im Landkreis Dachau berichtet Christina Hackl, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), auf der Tagung. Der nach dem Modell der „Citizens’ Assembly“ konzipierte Beirat tagte von 2021 bis 2022. Zufällig ausgewählte Bürger erarbeiten in diesem Zeitraum Empfehlungen zu den Themen „Hausärztliche Versorgung“, „Bewegung und Ernährung“ sowie „Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“. Nachteilig sei an einer zufälligen Auswahl der Teilnehmer die geringe Rücklaufquote, konstatiert Hackl. „Durch Steigerung der intrinsischen oder extrinsischen Motivation, wie eine Aufwandsentschädigung, könnte die Quote erhöht werden.“
Aus den Erfahrungen des Projekts hat das Landesamt einen Leitfaden zur Bürgerbeteiligung erarbeitet. Erster Schritt ist demnach, die Eignung von Themen zu prüfen. Verschiedene Fragen bieten dafür Orientierung, etwa: „Ist die Kommune zuständig für das Thema oder Themenfeld?“ Der zehnte und letzte Schritt „Abschluss und Auswertung“ sieht vor, das Ergebnis möglichst öffentlichkeitswirksam sichtbar zu machen. Diese Empfehlung hat man in Dachau umgesetzt: Das Modellprojekt Gesundheit wird im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung beendet. Insgesamt 18 Empfehlungen übergeben die Bürger an die Politik.
Kreative Lösungen
Nach einer repräsentativen Befragung von policy matters, Gesellschaft für Politikforschung und Politikberatung, glauben 86 Prozent der Befragten, Bürger sollten künftig stärker in wichtige Entscheidungen einbezogen werden, berichtet Riedel von der Stiftung Mitarbeit. Bei „Fragen der persönlichen Daseinsvorsorge“ befürworten rund drei Viertel der Befragten Bürgerbeteiligung. Riedel benennt einige Vorteile: Bürgerbeteiligung bildet die Meinungsvielfalt einer Gesellschaft ab. Verschiedene Lösungsalternativen können von Bürgern kreativ erdacht werden, neue Ansätze entstehen fernab festgefahrener Muster. Konflikte lassen sich befrieden.
Weiterführender Link:
LGL-Leitfaden für Kommunen: „Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern im Gesundheitsbereich“