Personaluntergrenzen: kein Wettbewerb auf dem Rücken der Pflege

Berlin (pag) – In Krankenhausbereichen, in denen eine bestimmte Anzahl an Pflegepersonal aus Gründen der Patientensicherheit besonders notwendig ist, sollen künftig Pflegepersonaluntergrenzen festgelegt werden. Darauf haben sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, die Koalitionsfraktionen sowie die Länder geeinigt.

Die Vereinbarung soll bis zum 30. Juni 2018 getroffen und zum 1. Januar 2019 wirksam werden. Sollte bis zum 30. Juni 2018 keine Vereinbarung der Selbstverwaltung zustande kommen, wird das Bundesministe-rium für Gesundheit (BMG) bis zum 31. Dezember 2018 ersatzweise die ausstehenden Entscheidungen treffen. Um dauerhaft mehr Personal beschäftigen zu können, werden die Krankenhäuser seit diesem Jahr durch einen Pflegezuschlag unterstützt, betont das BMG. Dieser solle ab 2019 um die Mittel des Pflegestellen-Förderprogramms ergänzt werden und damit von bisher 500 Millionen Euro auf bis zu 830 Millionen Euro pro Jahr anwachsen. Krankenhäuser profitierten in Abhängigkeit von ihrer Pflegepersonalausstattung von dem erhöhten Zuschlag und erhielten dadurch einen Anreiz, ausreichend Personal vorzuhalten.
„Mindestvorgaben bei Personal, das geht“, betont daher Gröhe auf dem Frühlingsempfang der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Es gebe einen anständigen und einen unanständigen Wettbewerb, der auf dem Rücken von Pflegekräften ausgetragen würde. Deshalb folge er nicht der Logik der Krankenhauslobby, die den Fachkräftemangel beklage und Vorgaben ablehne. „Im Zentrum stehen für uns nicht Strukturen, sondern Menschen, die die Arbeit machen“, sagt der Minister.

STICHWORT PFLEGEBEDÜRFTIGKEITSBEGRIFF

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff wirkt seit Anfang dieses Jahres, anstelle von bisher drei Pflegestufen existieren fünf Pflegegrade, „was eine differenzierte Einschätzung des benötigten Pflegeaufwandes ermöglicht“, so der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS). Er geht davon aus, dass aufgrund der erweiterten Kriterien das Auftragsaufkommen 2017 im Vergleich zu 2015 um 32 Prozent ansteigen wird. Im Zusammenhang mit der Pflegereform seien jetzt „auch die Begutachtungsaufträge seit Ende vergangenen Jahres bundesweit deutlich angestiegen“, sagt der MDS und beziffert die Zahlen im ersten Quartal auf 70.000 bis 80.000 neue Leistungsempfänger, die durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff hinzugekommen seien und nun Anspruch auf Leistungen aus der Pflegekasse haben. Bislang habe es bei Anträgen auf Pflegebedürftigkeit eine Anerkennungsquote von 75 Prozent gegeben; mit Beginn der neuen Begutachtungssystematik sei die Quote auf 83 Prozent gestiegen: „Es soll in Richtung 90 Prozent gehen“, sagt MDS-Geschäftsführer Dr. Peter Pick. Er geht davon aus, dass sich die Zahl derjenigen, die zum ersten Mal einen Anspruch als Pflegebedürftiger zugesprochen bekommen, bis Ende des Jahres auf 200.000 erhöhen wird. Die Bundesregierung rechnet mit 500.000 zusätzlichen Personen, die nun Anspruch auf Leistungen aus der Pflegekasse haben werden.

 

© AOK-Mediendienst

Ethische Fragen zur Eizellspende

Berlin (pag) – Über Eizellspende im Ausland und Konsequenzen dieser Praxis im Inland hat kürzlich der Deutsche Ethikrat diskutiert. Zur Diskussion stellt der Ratsvorsitzende Prof. Peter Dabrock dabei folgende Frage: „Ist es eigentlich fair und nachvollziehbar, wenn wir Samen- und Embryospende erlauben oder als rechtlich möglich ansehen und die Eizellspende verbieten?“

Immer wieder nehmen Paare Angebote von Kliniken im Ausland wahr, um ihren Kinderwunsch mithilfe von Reproduktionstechnologien zu erfüllen, die in Deutschland verboten sind. Dazu gehört auch die Eizellspende. Bei der Veranstaltung des Ethikrates setzen sich Experten mit Gerechtigkeitsproblemen dieser Praxis auseinander.

© Photographee.eu – Fotolia.com

Ratsmitglied Dr. Petra Thorn berät als Paar- und Familientherapeutin Frauen und Paare auch zu Fragen der Eizellspende. Sie erläutert, weshalb die Eizellspende ein sehr umstrittenes Verfahren sei: Die Spenderinnen gingen aufgrund des erforderlichen medizinischen Eingriffs ein Risiko für die eigene Gesundheit ein. „Zwischen den Empfängerpaaren und den Spenderinnen besteht ein Einkommensgefälle, und viele Frauen spenden wahrscheinlich nicht nur aus altruistischen, sondern auch finanziellen Gründen.“ Die Weltkarten der internationalen Reproduktionsmedizin seien stark in Bewegung geraten, berichtet die Ethnologin Prof. Michi Knecht, Universität Bremen. Auf Basis ökonomischer und rechtlicher Asymmetrien entständen große kommerzielle Märkte. Man müsse sich fragen, so Knecht, ob durch Reproduktionsmobilität „reicher“ Frauen und Paare die Gesundheitsrisiken auf Frauen in Ländern mit niedrigeren Einkommen verschoben würden und ob eine restriktive nationale Gesetzgebung wie die deutsche – wenngleich unbeabsichtigt – zur Folge habe, dass Ausbeutungsrisiken in andere Länder verlagert würden. Die Philosophin PD Dr. Susanne Lettow, Freie Universität Berlin, verlangt daher, bei den mit „reproduktiven Reisen“ verbundenen ethischen Fragen auch die Situation der Eizellspenderinnen im Ausland einzubeziehen. Aus Sicht der Medizinethikerin Prof. Claudia Wiesemann wirft das transnationale reproduktive Reisen ein massives Gerechtigkeitsproblem auf. Konkret nennt die stellvertretende Ratsvorsitzende die gesundheitliche Versorgung der Spenderinnen, die Nichtverfügbarkeit des Verfahrens für finanziell schwächer gestellte Paare hierzulande sowie die Ungleichbehandlung von Samen- und Eizellspende in Deutschland. Für konsequent hält sie es daher, das Verbot der Eizellspende im Embryonenschutzgesetz aufzuheben.

Scham und Nacktheit in der Pflege

Berlin (pag) – Die Pflege macht vor allem mit Fachkräftemangel und Ausbildungsreform Schlagzeilen. Mit „Scham und Nacktheit in der Pflege“ hat die Gesellschaft zur Förderung altersgerechten Wohnens FaW ein ungewöhnliches Thema für ihr Forum gewählt, das aller-dings für die Betroffenen von enormer Bedeutung ist. „Die Konfrontation mit Nacktheit und Scham prägt unseren Alltag“, sagt Dr. Günter Meyer, Geschäftsführer der Pflegestation Meyer & Kratzsch.

Eine Krankenschwester pflegt eine ältere Frau zuhause. © AOK-Mediendienst

Die Fachtagung beleuchtet das Thema aus philosophischer und psychologischer Perspektive. Es gehe darum, die Würde des Individuums zu betrachten, sagt Meyer, der für das Programm des Forums verantwortlich ist. Ihm ist es wichtig, dass dabei sowohl die Situa-tion der Pflegekraft als auch die der zu versorgenden Person berücksichtigt werden. Die Philosophin Dr. Katja Stoppenbrink, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, beschäftigt sich in ihrem Vortrag mit Dimensionen der Menschenwürde in der Pflege. Dabei geht sie auf das Instrumentalisierungsverbot sowie Autonomie und Selbstbestimmung ein, aber auch auf die Herausforderung, trotz Zeitdruck und angespannter Personalsituation würdevoll zu pflegen. „Ich behaupte, dass man sich für Würde entscheiden kann, dass man Würde als Haltung tatsächlich pflegen kann.“ Es gehe darum, wie bestimmte Handlungen ausgeführt werden und welche Haltung damit zum Ausdruck kommt. „Das ist die Kunst der Praxis“, Pflege sei eine Menschenwürde-Profession. Bei Stoppenbrinks Diskussion mit den Pflegekräften steht vor allem die Veränderung des Ichs in der Demenz im Mittelpunkt: Was tun, wenn die Demenzpatientin Dinge zu tun wünscht, die sie vor ihrer Erkrankung strikt abgelehnt hat?
In dem zweiten Vortrag der Veranstaltung beschäftigt sich der Sozialwissenschaftler Dr. Stephan Marks mit Scham als tabuisierter Emotion. Scham sei der stärkste Entwicklungsimpulsgeber, Scham entsolidarisiere, sagt er. An die Anwesenden appelliert der Autor, die Pflege als „Raum der Würde“ zu gestalten. Das Team solle ein Ort sein, wo man mit seiner Scham sein darf – wo Anerkennung, Schutz, Zugehörigkeit erlebt werden.

Biomarkertests bei Brustkrebs: viele offene Fragen

Berlin (pag) – „Wie können wir unnötige Chemotherapien vermeiden ohne Heilungschancen zu gefährden?“ Bei der Diskussion um biomarkerbasierte Tests bei Brustkrebs geht es  zentral um diese Frage, die Prof. Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums der Universität München, kürzlich auf einer Veranstaltung formuliert.

© exe2be – depositphotos.com

Dort debattieren Mediziner und Patienten mit einem Vertreter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) über den angemessenen Umgang mit Biomarkertests. Mit deren Hilfe sollen jene Patientinnen ermittelt werden, die auf eine Chemotherapie verzichten können. Eingeladen dazu hat Hello Healthcare, die Westdeutsche Studiengruppe (WSG) sowie der Bundesverband Deutscher Pathologen.
Harbeck hebt hervor, dass etwa 30.000 Brustkrebspatientinnen jährlich in Deutschland eine vorbeugende Chemotherapie erhielten – „und wir wissen ganz genau, dass nicht alle diese Frauen diese Therapie brauchen“. Die Medizinerin gehört der wissenschaftlichen Leitung der WSG an und ist überzeugt, dass aus klinischer Sicht genug verlässliche Daten für die Nutzung der Tests vorliegen würden. Sie will, dass die Gräben zwischen dem, was das IQWiG als evidenzbasierten Nutzen sieht und dem Nutzen, wie er sich für die behandelnden Ärzte darstellt, überwunden werden. Das IQWiG hat im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses den Nutzen von Biomarkern für die Therapieentscheidung von Frauen untersucht, bei denen bisher unklar ist, ob sie überhaupt ein Rezidiv erleiden würden bzw. ob ihr Krebs auf die Chemotherapie ansprechen würde. Dr. Fülöp Scheibler, Leiter des Bereichs Nutzenbewertung, betont, dass das Institut in seiner Ende 2016 vorgestellten Bewertung den Biomarkern nicht den Nutzen abspreche; vielmehr sei deren Nutzen heute noch nicht nachgewiesen. Er plädiert dafür, die Ergebnisse der vielen derzeit laufenden und hochwertigen Studien abzuwarten. Insgesamt mahnt er eine sachliche Diskussion an, dabei sollte zwischen methodischen Aspekten und Werturteilen unterschieden werden.
Aus Sicht der Betroffenen hebt Renate Haidinger, Vorstand von Brustkrebs Deutschland, hervor: „Wenn man die Langzeitnebenwirkungen, die das Leben der Patientinnen massiv beeinflussen, bei einem Teil vermeiden könnte, dann ist das ein riesiger Zugewinn.“ Brustkrebs Deutschland wertet momentan eine Patienten-Umfrage zu den Langzeitnebenwirkungen von Chemotherapien aus. Ein Ergebnis: 34 Prozent der Befragten spüren ihre Füße nicht mehr. Viele könnten nicht mehr ins Berufsleben zurückkehren. Belastend sei für die Frauen auch die unübersichtliche Erstattungssituation bei den Tests. Ambulant behandelte Kassenpatientinnen müssen bei ihrer Versicherung derzeit einen Einzelantrag stellen. Es hängt von der jeweiligen Kasse ab, ob diese die Kosten für die Testung übernimmt oder nicht.

Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten

Berlin (pag) – Daten zu gesundheitlichen Ungleichheiten werden seit Jahren publiziert. Man werde in eine Phase kommen, diese zu priorisieren, prophezeit der Sozialepidemiologe Dr. Andreas Mielck auf dem Kongress „Armut und Gesundheit“ in Berlin.

© chrissi – depositphotos.com

„Die Politik wird uns auffordern zu sortieren“, sagt er auf einem Fachforum zum Thema „Welche gesundheitlichen Ungleichheiten sind ungerecht und warum?“ Bei der Etablierung einer Rangfolge und der Auswahl geeigneter Kriterien benötige man die Hilfe der Ethik. Auch die Philosophin Frederike Leonie Moormann von der Ludwig-Maximilians-Universität München plädiert dafür, die Ethik in die Frage nach gesundheitlichen Ungleichheiten miteinzubeziehen. Die Teilnehmer des Forums diskutieren unter anderem, wie konkrete Interventionsmaßnahmen wie das Nudging von Übergewichtigen ethisch zu bewerten seien.
Seit mittlerweile 22 Jahren thematisiert der Kongress „Armut und Gesundheit“ den Zusammenhang zwischen Gesundheit und sozialer Lage. Es ließen sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dass sich die sozialen Unterschiede in der Gesundheit und Lebenserwartung verringert haben könnten, betont PD Dr. Thomas Lampert vom Robert Koch-Institut. In einigen Bereichen müsse sogar von einer Ausweitung der Unterschiede ausgegangen werden. Dem Wissenschaftler zufolge haben Männer und Frauen mit einem Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze im Vergleich zu den hohen Einkommensbeziehern eine um 11 bzw. 8 Jahre geringere mittlere Lebenserwartung bei Geburt. Das Risiko für chronische Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und chronische Bronchitis sei in den sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen 2- bis 3-fach erhöht.

Deutschlands globale Gesundheitspolitik

Berlin (pag) – „In der globalen Gesundheitspolitik geht die Angst um“, stellt Prof. Ilona Kickbusch fest. Angesichts der Präsidentschaft von Donald Trump und des Brexit werden große Hoffnungen auf Deutschland gesetzt, so die internationale Gesundheitsexpertin auf dem parlamentarischen Abend der Charité-Stiftung. Dort diskutieren Experten, wie Global Health als politische Querschnittsaufgabe sowohl national als auch international besser positioniert werden kann.

Viele Akteure der globalen Gesundheitsszene fürchten Kickbusch zufolge, dass das Committment der USA, welche größte Geber und in vielen Fällen auch Global-Health-Leader seien, „ganz brutal wegbricht“. Besorgt fragten sich zudem viele, welche Folgen der Brexit haben werde, schließlich sei das Vereinigte Königreich der zweitgrößte Geber auf diesem Feld. Angesichts dieser Entwicklungen seien die auf Deutschland ruhenden Hoffnungen immens – „vielleicht größer als wir es einlösen können“. Kickbusch appelliert: „Wir müssen uns strategisch überlegen, wie wir diesen Anforderungen nachkommen wollen.“
Die Expertin weist darauf hin, dass das Thema globale Gesundheitspolitik zwar vom politischen System unter-stützt werde, es fehle allerdings eine entsprechende Infrastruktur. Kickbusch vermisst Professuren, Think Tanks, große Forschungsprogramme und nicht zuletzt eine parlamentarische Gruppe. Ein wichtiger Impulsgeber könnte das „Berlin Global Health Hub“ werden, die Idee dafür ist kürzlich auf dem dritten Deutschland Forum im Kanzleramt entwickelt worden. Ein solches Hub könnte verschiedene Akteure zusammenbringen und zum „Attractor“, so Kickbusch, für Kompetenz, Inhalte und klare Informationen werden. „Unsere Außendarstellung, was Deutschland bei Global Health macht, muss anders werden“, verlangt sie.
Kompetenz sei hierzulande vorhandeln, sie müsse nur besser koordiniert werden, unterstreicht bei dem parlamentarischen Abend Prof. Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI). Er bestätigt, dass momentan viele Augen auf Deutschland gerichtet seien, „wir sind Referenzland“. Angesichts der hohen Reputation Deutschlands könne man auf diesem Politikfeld sehr viel erreichen, wenn eine bessere Koordination gelänge.

Das Thema globale Gesundheit dürfte in den kommenden Wochen stärker in den öffentlichen Fokus rücken: Deutschland wird seine G20-Präsidentschaft nutzen, um auf die Gefahr von Infektionskrankheiten hinzuweisen, die sich schnell über ganze Länder oder gar Kontinente ausbreiten könnten. Dazu wird es während des deutschen G20-Vorsitzes auch erstmals ein Treffen der G20-Gesundheitsminister geben.

Weiterführender Link zu der im Vorfeld der G20-Gipfel veröffentlichten Empfehlung der Wissenschaftsakademien der G20-Staaten „Improving Global Heath“:
http://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2017_03_22_Statement_S20_02.pdf

 

© ikurucan – depositphotos.com

Gröhe diskutiert mit Schülern über Gerechtigkeit

Berlin (pag) – „Wir wollen schauen, wie es um die Gerechtigkeit im Gesundheitswesen steht.“ Mit diesen Worten eröffnen die zwei Moderatorinnen, beide Schülerinnen der Berliner Rahel-Hirsch-Schule, eine Veranstaltung mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Die Diskussion ist Teil des gesundheitspolitischen Forums, das das Oberstufenzentrum für Gesundheit/Medizin kürzlich zum ersten Mal veranstaltet hat. Das Thema: „Gerechte Verteilung von Geldern und Ressourcen im Gesundheitswesen?“

Hermann Gröhe, Bundesminister für Gesundheit © pag, Fiolka

Konkrete und verständliche Antworten werden vom Podium gewünscht, machen die Schüler gleich zu Beginn der Debatte klar, an der neben dem Minister auch Sylvia Gabel vom Verband medizinischer Fachberufe, Knut Lambertin, DGB, sowie Werner Mall von der AOK Nord-Ost teilnehmen. Sie stehen Rede und Antwort zu Themen wie Versorgung im Alter und berufliche Aufstiegschancen, die zuvor von den Schülern in Workshops vorbereitet wurden. Zu Beginn geht es um Unterschiede zwischen gesetzlich und privat Versicherten. Die Ungleichbehandlung fange bereits im Wartezimmer an, konstatieren die Moderatorinnen. DGB-Vertreter Lambertin weist allerdings darauf hin, dass es auch bei der Privaten Krankenversicherung Patienten zweiter Klasse gebe – nämlich jene, die im Basistarif seien. „Die Crux ist, dass die ungleiche Vergütung bei den Ärzten der Ausgangspunkt für den ungleichen Zugang zur Gesundheitsbehandlung ist.“ Besonderes Interesse haben die Auszubildenden an Berufsperspektiven und den Aussichten für medizinische Fachberufe. „Aufstiegsfortbildung ist möglich, aber auch immer eine Frage des Geldes“, sagt Sylvia Gäbel. Sie appelliert, diese finanziell besser zu unterstützen. „Wir erfahren durchaus Wertschätzung, aber davon kann ich nicht einkaufen gehen.“ Ein weiteres Thema ist die betriebliche Gesundheitsförderung. Kassenvertreter Werner Mall sieht dort deutlichen Verbesserungsbedarf: „Wir sind weit davon entfernt, dass das Thema Gesundheit bei allen in der Arbeitswelt angekommen ist.“ Insbesondere für Pflegekräfte sei es eine Herausforderung, gesund im Beruf zu bleiben, erläutert er den Schülerinnen und Schülern. Um Pflege geht es auch, als über die Versorgung im Alter diskutiert wird. „In den Heimen müssen sich viel zu wenige Pflegekräfte um viel zu viele Menschen kümmern. Was dürfen wir erwarten, wenn wir alt geworden sind?“, fragen die Schüler. Gröhe glaubt, dass man hierzulande auch in Zukunft eine der leistungsfähigsten Pfleginfrastrukturen haben werde und verweist auf die jüngsten Reformgesetze. Weniger optimistisch klingt er, als er auf Prävention angesprochen wird. Eine gesunde Lebensweise lasse sich eben nicht befehlen. Speziell zum Thema Impfen echauffiert sich der Minister: „Ein deutscher Wissenschaftler bekommt den Nobelpreis dafür, dass er eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs entdeckt. Und wir haben eine beschämend niedrige Impfrate bei uns.“