Digitalen Wandel gestalten

Digitalisierung – erlauben, was nutzt?

Berlin (pag) – Welchen Grad an Digitalisierung benötigt unser Gesundheitswesen? Und wie viel vertragen die Patienten überhaupt? Diese und weitere Fragen debattieren Experten Ende 2021 bei einer weiteren Diskussionsrunde der Veranstaltungsreihe „Aufbruch in eine neue Dynamik“.

Mit einer gehörigen Portion Zuversicht blickt Stefan Höcherl, Leiter der Abteilung Strategie und Europa bei der gematik, auf das Jahr 2022. Und das trotz der lautstarken, nicht abebbenden Kritik an Digital-Anwendungen wie der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder dem E-Rezept. Mit Blick auf die zurückliegende Legislatur resümiert Höcherl: „Wir haben eine fundamental neue Ausgangslage geschaffen.“ Ab dem kommenden Jahr hätten sowohl Ärzte als auch Patienten viele Vorteile durch die neuen digitalen Anwendungen. „Das E-Rezept wird etablierter Standard sein Mitte nächsten Jahres, genauso wie die elektronische Patientenakte“, sagt er. Letztere werde mit dem Impfpass oder dem Mutterschutzpass zudem erste Mehrwertanwendungen für die Patienten bieten. Angesichts dieser Neuerungen, die auch das Zusammenwirken von Arzt und Patient mitunter neu regeln, prognostiziert Höcherl „mehr kulturelle Herausforderungen als technologische“. Die gematik wolle die Nutzerinnen und Nutzer bei deren Bewältigung unterstützen. Mit der Schaffung der Telematikinfrastruktur 2.0 würden die Komplexität gesenkt und zugleich die Nutzerfreundlichkeit und der praktische Nutzen der digitalen Infrastruktur gesteigert, kündigt der gematik-Vertreter an. Diese optimistische Prognose hat sich zumindest zu Jahresbeginn noch nicht bewahrheitet. Einige Wochen nach der Diskussionsrunde steht fest: Der flächendeckende Start des E-Rezeptes wird verschoben. Querelen zwischen Vertragsärzteschaft und gematik in Sachen Digitalisierung sind längst nicht ausgestanden.

Erschreckend wenig Gesundheitskompetenz

Zurück zur Diskussionsrunde am Jahresende: Prof. Peter Langkafel, Direktor der School of Digital Health an der XU Exponential University in Potsdam, hält viele der bestehenden digitalen Anwendungen für zu komplex.

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Beispiel Notfalldatensatz: Dieser könne mittlerweile zwar offiziell auf die elektronische Gesundheitskarte geschrieben werden. Doch schon auf dem Weg dahin stießen Leistungserbringer auf hohe Hürden. Allein die Beantragung des benötigten elektronischen Heilberufsausweises sei „unglaublich kompliziert“ und nehme in der Regel mehrere Wochen in Anspruch, so Langkafel.

Er rückt die digitale Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärker in den Fokus. „Suchen, finden, verstehen, beurteilen und anwenden – das ist es, was Gesundheitskompetenz ausmacht“, erläutert der Experte. Doch genau daran hapere es noch allzu oft, insbesondere im Digital-Kontext. So zeige etwa der zweite Health Literacy Survey aus diesem Jahr, „dass drei von vier Personen in Deutschland diese digitale Gesundheitskompetenz gar nicht besitzen“, so Langkafel. In den vergangenen Jahren sei diese Kompetenz sogar gesunken. Ein besorgniserregender Trend, denn: „Diese geringe Gesundheitskompetenz hat zahlreiche, zum Teil massive negative Folgen.“ So würden etwa manche Menschen infolge von Internetrecherchen auf eigene Faust ihre Medikation absetzen oder verändern. Zusätzlich gehe mit niedrigerer Gesundheitskompetenz eine häufigere Nutzung von Notfalldiensten einher. Entwicklern neuer Digital-Anwendungen rät Langkafel deshalb dazu, ihre Anwendungen mehr an ihren potenziellen Nutzerinnen und Nutzern auszurichten. „Kompetenz und Akzeptanz entstehen durch positive Nutzererfahrungen, und die müssen wir in den Vordergrund stellen.“

Gemeinsame Standards sind der Grundstein

Damit Digitalisierung und Daten tatsächlich von Nutzen für Versorgung und Forschung sein können, braucht es allerdings mehr als nur eine verbesserte Nutzerfreundlichkeit der Anwendungen, erläutert Sylvia Thun, Professorin für Digitale Medizin und Interoperabilität am Berlin Institute of Health an der Charité. Benötigt würden vor allem einheitliche IT-Standards. Wie groß der Bedarf in der Medizin ist, erläutert sie anhand eines anschaulichen Beispiels: „Es gibt allein sieben Möglichkeiten, ein Geburtsdatum zu schreiben.“ Das erschwert das Zusammenführen und die Auswertung von Daten erheblich oder verhindert sie gleich ganz.

Im Zuge der Pandemie-Bekämpfung habe es jedoch Fortschritte gegeben, etwa in Form des „Einheitlichen Datensatzes Covid-19“. Dieser berücksichtigt unter anderem Vitalwerte und Symptome und basiert auf international kompatiblen Standards. Der Grundgedanke dahinter: „Es ist wichtig, dass wir immer den secondary use im Auge behalten“, so Thun. Meint: Bei der Erhebung von Daten sollte immer schon deren Weiterverarbeitung zu Public-Health- oder Forschungszwecken mitgedacht werden. Dafür ist die Verwendung international gebräuchlicher Standards unumgänglich.

Verhindern allein reicht nicht aus

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Nicht fehlen darf bei der Diskussion das Dauer-Streitthema Datenschutz. „Wir haben uns in den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten – eigentlich seit 1973 mit der Erfindung des ersten Datenschutzgesetzes in Hessen – zu Spezialisten des Datenschutzes entwickelt“, bemerkt Innovationsberater Prof. Christian Dierks von Dierks+Company. Was dagegen noch immer fehle, sei ein Datennutzungsgesetz, wie es etwa der Sachverständigenrat Gesundheit angeregt habe. Ein solches Gesetz hält Dierks für dringend geboten. „Denn es reicht nicht aus, zu verhindern, dass die Daten in die falschen Hände gelangen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass sie von den richtigen Händen genutzt werden.“

Kritisch blickt der Mediziner und Jurist auf die Ausgestaltung der Anfang 2021 eingeführten elektronischen Patientenakte. Sie funktioniert bislang nach dem sogenannten Opt-in-Verfahren. Wer sie nutzen will, muss sich also aktiv dafür entscheiden. Andernfalls wird keine Akte angelegt. Dabei wäre auch das umgekehrte Prinzip denkbar. Für Dierks ist klar: Eine nach dem Opt-out-Verfahren organisierte ePA hätte „einen sehr viel größeren gesamtgesellschaftlichen Nutzen und auch einen Nutzen für den Einzelnen“. Das sehen offenbar auch die Ampel-Fraktionen so. Im Koalitionsvertrag kündigen sie eine Umstellung auf Opt-out an. 

Im Zentrum der Daten

Berlin (pag) – Seit Dezember 2019 ist das Digitale-Versorgung-Gesetz in Kraft, das die Weiterentwicklung der Datenaufbereitungsstelle zu einem Forschungsdatenzentrum vorsieht. Auf einer Veranstaltung des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung gibt Dr. Alina Brandes vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) ein Update.

Das beim BfArM angesiedelte Forschungsdatenzentrum soll aktuelle Daten für die Forschung und die Gesundheitsplanung zur Verfügung stellen. Das bisherige Informationssystem Versorgungsdaten des DIMDI enthält Angaben aus dem Morbi-RSA. Im Datenkörper enthalten seien zwar versichertenbezogene Information zu stationären und ambulanten Leistungen inklusive Diagnosen sowie Angaben zu Arzneimitteln. Es fehlten aber Angaben zur Behandlung über EBM oder OPS-Codes, es gebe keine detaillierten Kostendaten und letztlich auch keine Angaben zu Symptom- und Laborwerten, so Brandes. Eine große Hürde für die Forschung stellte bislang auch der strukturbedingte Verzug von vier Jahren dar.

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Die moderne Medizin ist datengetrieben, doch in der Bevölkerung bestehen noch Unsicherheiten und Zurückhaltung. © iStock.com, gorodenkoff

„Großer Datenschatz“

Das neue Verfahren ist losgelöst vom Morbi-RSA. Die Krankenkassen liefern die Daten an den GKV-Spitzenverband, der Datensammelstelle ist. Ein deutlich geringerer Zeitverzug ist die Folge. Außerdem sollen künftig detaillierte Kostendaten verfügbar sein, auch Hebammenleistungen, Heil- und Hilfsmittel seien dann im Datenumfang enthalten, erläutert Brandes. Sie spricht von einem „großen Datenschatz“. Ende 2022 sollen erstmalig Angaben des neuen Datenkranzes mit dem neuen Datenumfang an das Zentrum für die aktuellen Berichtsjahre übermittelt werden.

Grundsätzlich sei es für die Nutzer möglich, die Ergebnismengen mit weiteren Datenkörpern zu verknüpfen. Interessant wird es ab 2023, wenn die Möglichkeit besteht, Daten aus der elektronischen Patientenakte an das Forschungsdatenzentrum zu übermitteln. Versicherte geben in diesem Fall freiwillig und einwilligungsbasiert Daten an das Zentrum für Forschungszwecke frei. Zunächst geht es um strukturierte Daten – etwa aus dem Impf- oder dem Mutterpass. Das Ganze soll aber stufenweise erweitert werden, langfristig geht es um Verlinkungen z.B. mit dem Krebsregister.

Unsicherheit und Zurückhaltung

Die moderne Medizin ist datengetrieben, daran besteht kein Zweifel, doch in der Bevölkerung bestehen noch Unsicherheiten und Zurückhaltung. Eine aktuelle repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag der Siemens Betriebskrankenkasse zeigt, dass nur 39 Prozent der Befragten dem Einsatz von Algorithmen in der Medizin positiv gegenüberstehen. Die repräsentative Studie „Daten in der Medizin“ von Statista und Roche offenbart, dass bei den Deutschen überwiegend nur oberflächliche Kenntnisse von Datenanwendungen im Gesundheitswesen vorhanden sind. Eine positivere Wahrnehmung gibt es bei Entwicklungen mit persönlichem Nutzen. Eine langfristige Speicherung der Daten z.B. zu Vorerkrankungen zur besseren Einordnung aktueller Erkrankungen wird von 74 Prozent der Befragten als Vorteil angesehen. 64 Prozent betrachten die Verwendung der Behandlungsdaten anderer Patienten zur Weiterentwicklung von Therapien als vorteilhaft.

Gesundheitsdaten: Auf der Suche nach einem Verhaltenskodex

Berlin/Hamburg (pag) – Für einen europäischen Gesundheitsdatenraum braucht es einen Verhaltenskodex (Code of Conduct) für die Nutzung dieser sensiblen Informationen. Auf einer Veranstaltung der Techniker Krankenkasse (TK) präsentieren Experten dafür Vorschläge.

Prof. Christiane Wendehorst stellt zwei Ansätze zur Datennutzung vor. © Jan Michalko/re:publica

Zwei Ansätze zur Nutzung von Gesundheitsdaten stellt Prof. Christiane Wendehorst, Co-Sprecherin der Datenethikkommission der Bundesregierung, vor. Der derzeitige Ansatz setze hohe formulare und prozedurale Anforderungen für jegliche Nutzung voraus. Die Korridore für eine generell ohne Einwilligung zulässige Datennutzung oder für jene, bei denen der Patient ein Widerspruchsrecht hat, seien schmal. Beim größten Teil handele es sich um „Datennutzung, die durch Einwilligung gerechtfertigt werden kann“. Der Bereich, in dem Datennutzung per se nicht erlaubt ist und für den Versicherte auch gar keine Einwilligung geben können („Blacklist“), sei sehr klein.

Eine zweite Variante lässt der Expertin zufolge mehr Spielraum: Rechtlich zulässige Datennutzung sollte demnach zum größten Teil auch ohne hohe formulare Anforderungen gestattet sein. Diese sollen dann gelten, wenn ohnehin Widerspruch vonseiten des Versicherten möglich oder Einwilligung nötig ist. Daneben müsste es aber eine breitere „Blacklist“ geben.

Wie dürfen Gesundheitsdaten verarbeitet werden?

„Dieser Code of Conduct ist entscheidend“, sagt Dr. Gottfried Ludewig. © pag, Fiolka

Ein Code of Conduct für Gesundheitsdaten steht auf der To-do-Liste der Europäischen Kommission, lässt Claire Bury wissen. Sie ist stellvertretende Chefin der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittel der Kommission. „Dieser Kodex wird die rechtliche Basis dafür liefern, wie Gesundheitsdaten verarbeitet werden dürfen“, sagt Bury. Dabei solle es sich um ein auf der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) basierendes konsertiertes Regelwerk handeln, das festlegt, wie Vertreter von Gesundheitsberufen und der Industrie mit den Daten umgehen sollen. Vorgesehen seien beispielsweise Pseudonymisierung und Anonymisierung der Informationen.

Die DSGVO erscheint derzeit aber als Hürde und Grundlage zugleich, denn sie werde innerhalb der EU und selbst innerhalb des föderalen Deutschlands unterschiedlich ausgelegt, sagt Dr. Gottfried Ludewig, Abteilungsleiter Digitalisierung und Innovation im Bundesgesundheitsministerium (BMG). „Deshalb ist dieser Code of Conduct so entscheidend.“

Der gemeinsame europäische Gesundheitsdatenraum soll 2025 stehen. Geplant ist, dass alle EU-Bürger ihre digitalen Patientendaten nutzen können, wenn sie sich zum Beispiel im EU-Ausland ärztlich behandeln lassen, nennt Bury ein Beispiel. Voraussetzung dafür sei die semantische Interoperabilität, die Daten müssten maschinenlesbar gemacht werden, sagt Ludwig. Es müsse verhindert werden, dass „in Frankreich ein medizinisches Faktum anders definiert wird als in Deutschland“. TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas hält einen gemeinsamen europäischen Gesundheitsdatenraum schon aus Wettbewerbsgründen für höchst relevant, um sich gegen die Konkurrenz aus den USA oder China zu behaupten. Große Player wie Google und Amazon – und nicht nur die – hätten erkannt, dass Gesundheit ein sehr lukrativer Markt ist. Er glaubt, dass diese Gesundheitsprodukte entwickeln, welche die Versorgung der Patienten verbessern. „Wir werden sie aber mit unseren Daten bezahlen müssen“, mahnt er. „Deswegen ist es wichtig, dass wir in Europa alternative Angebote aufsetzen.“
 

„Keiner möchte keine Forschung“

Prof. Eva Winkler über Datennutzung und Patientenbeteiligung

Moderne Informationsinfrastrukturen sollen Ergebnisse aus der Forschung rasch in die klinische Praxis bringen. Das Ganze birgt aber nicht nur technische und rechtliche, sondern auch ethische Herausforderungen. Mit ihnen beschäftigt sich die Ärztin Prof. Eva Winkler. Im Interview erklärt sie, warum gute Aufklärung und ein gerechter Zugang essenziell sind.

Eine gute Aufklärung ist die erste ethische Herausforderung, sagt Prof. Eva Winkler. © pag, Fiolka

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Können Sie anhand eines Beispiels erläutern, was Patienten konkret von den Datenintegrationszentren haben, die im Rahmen der Medizininformatik-Initiative an den universitätsmedizinischen Standorten eingerichtet wurden?

Winkler: Einen direkten persönlichen Nutzen gibt es zunächst nicht. Die Medizininformatik-Initiative dient der Forschung. Dahinter steckt die Idee, die vielen klinischen Daten, die in den verschiedenen Datenbanken der Kliniken und Arztpraxen liegen, nutzbar zu machen. Die Auswertungen können helfen, die Qualität der Versorgung zu verbessern, aber auch ganz neue Fragestellungen in der Forschung zu beantworten.

Bei HiGHmed arbeiten Sie zu den ethischen Aspekten des Projekts. Welche ethischen Fragen sind denn bei der datenbasierten Versorgung und Forschung vorrangig zu klären?

Winkler: Zuerst einmal ist es wichtig, Patientinnen und Patienten genau zu erklären, welche Intention mit der Nutzung der Daten verfolgt wird, zu welchem Zweck wir diese Daten benötigen. Damit ist eine gute Aufklärung die erste ethische Herausforderung, weil man zum Zeitpunkt der Aufklärung noch nicht spezifisch sagen kann, in welche Projekte die Daten genau gehen und wo genau der Nutzen entsteht. Wir müssen vielmehr die Infrastruktur erklären, am besten mit einem konkreten Beispiel wie diesem: Wenn ein Forscher herausfinden will, ob bei Bauchspeicheldrüsenkrebs ein Zusammenhang mit Bluthochdruck besteht, dann stellt er eine Anfrage an die Medizininformatik-Initiative. Dort initiiert man eine grobe Suche, wie viele Patientendatensätze zu der Fragestellung vorliegen und im nächsten Schritt kann der Forscher dann einen Antrag auf Nutzung der verschlüsselten Datensätze stellen. Es muss klare Regeln geben, wer Zugriff hat, dass nur diese Forschungsfrage bearbeitet wird und die Daten danach gelöscht werden. Kurz: Zu den ethischen Herausforderungen gehört die Aufklärung der Patienten, der gerechte Zugang für alle Forscher, klare Kriterien, nach denen sie Zugang zu den Daten haben, und eine gute Aufsicht über das Ganze mit Berichtswesen, darüber, was denn am Ende als Nutzen herauskommt.

Welche Konflikte ergeben sich zwischen Personalisierter und Big-Data-Medizin einerseits und den Prinzipien der evidenzbasierten Medizin andererseits? Und wie lassen sich diese im Sinne des Patienten lösen?

Prof. Eva Winkler ist Oberärztin an der Klinik für Medizinische Onkologie, Universitätsklinikum Heidelberg. Sie leitet den Schwerpunkt „Ethik und Patientenorientierung in der Onkologie” vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen und der Uniklinik Heidelberg. Außerdem ist sie Projektsprecherin von EURAT – Ethische und rechtliche Aspekte der Totalsequenzierung des menschlichen Genoms. Bei dem HiGHmed-Konsortium arbeitet Prof. Winkler als Ethik-Expertin mit. © NCT-Heidelberg

Winkler: Personalisiert klingt immer etwas irreführend, als wenn jede einzelne Person ihre eigene Medizin erhält. Tatsächlich beruht die stratifizierte Medizin, die hier gemeint ist, auf Biomarkern, die Patientenkohorten besser definieren. Deshalb werden die Patientengruppen immer kleiner, große Studien lassen sich nicht mehr durchführen.

Was ist die Konsequenz dessen?

Winkler: Damit verlassen wir den Goldstandard der großen randomisierten Studie. Die beiden Dinge werden gegenübergestellt, als wäre die individualisierte Medizin eine Abkehr von der evidenzbasierten Medizin. In Wirklichkeit ist es eine Weiterentwicklung, die aufgrund des Fortschritts der Erkenntnis und der Möglichkeiten, die Krankheit des Einzelnen besser zu charakterisieren, auch eine Weiterentwicklung unserer Systematik und Methodik bezüglich eines gut abgesicherten Nutzens erfordert. Der Nutzennachweis muss auch weiter der Standard sein.

Sind Patienten auch in diesen ganzen Prozess involviert?

Winkler: Ja. Ein Schwerpunkt ist die sogenannte Stakeholder-Beteiligung und Partizipation von Patienten – sowohl auf nationaler Ebene als auch im Rahmen von unseren medizinischen Schwerpunktprojekten im Rahmen des HiGHMed-Konsortiums. Wir haben drei Standorte dafür: Göttingen, Berlin und Heidelberg. Gerade in Göttingen wird unter der Leitung von Frau Prof. Silke Schicktanz untersucht, wie Patienten strukturell beteiligt werden können, also sowohl in den Entscheidungsgremien als auch bei der Bereitstellung von Daten beispielsweise im kardiologischen Anwendungsbereich, wo Patienten durch die App schon bei der Datengenerierung miteinbezogen sind.

Wie erleben Sie die Bereitschaft, Daten zur Verfügung zu stellen?

Winkler: Insgesamt ist die bei Krebspatienten recht hoch, aber man muss je nach Bedürfnis unterschiedliche Intensitäten und Beteiligungsformen anbieten. Einige Patienten sind mit ihrer Krankheit beschäftigt. Aber es gibt viele Patienten, die sagen, man müsste eigentlich mehr mit den Daten forschen, die sie bereitstellen. Keiner möchte keine Forschung.

 

Was ist HiGHmed?
Das Konsortium HiGHmed bündelt und integriert im Rahmen der Medizininformatik-Initiative Kompeten- zen von acht Universitätskliniken und medizinischen Fakultäten sowie weiteren Partnern aus Wissenschaft und Industrie. Das Ziel: innovative Informationsinfrastrukturen entwickeln und so einen schnelleren Transfer von Ergebnissen aus der Forschung in die klinische Praxis ermöglichen. Die Partner arbeiten organisations- und institutionsübergreifend zusammen, um einen Verbund von Datenintegrationszentren aufzubauen. Anhand von drei klinischen Use Cases sollen die Zentren demonstrieren, wie Daten, Infor- mationen und Wissen aus Krankenversorgung sowie klinischer und biomedizinischer Forschung zum Wohle von Patienten über die Grenzen von Stand- orten hinweg verknüpft werden können.
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• Use Case Onkologie: Gezieltere Krebsbehandlung durch übergreifenden Wissensaustausch
• Use Case Kardiologie: Früherkennung und Vermeidung von Krankheitsschüben bei Langzeit-Verläufen
• Use Case Infektionskontrolle: Krankenhausinfektionen verstehen, vorhersehen und verhindern

 

Datenlandschaft im Aufbau

Mehr Nutzung, Akzeptanz und Autonomie

Berlin (pag) – Im Gesundheitswesen wird eine Vielzahl von Daten produziert. Doch noch immer stößt deren Nutzung auf vielfältige Hindernisse. Ist die Zeit reif, ganz grundlegend umzudenken?

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Im Herbst haben gleich drei Ministerien – das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) – eine Roadmap zur Initiative „Daten für Gesundheit“ veröffentlicht. Folgende Ziele werden darin postuliert: Die wissenschaftsbasierte Auswertung gesundheitsrelevanter Daten soll die Patientenversorgung verbessern, der medizinische Fortschritt soll vorangetrieben werden und – last but not least – geht es den drei Ressorts darum, die Innovationskraft des Standorts Deutschland zu steigern.

Strategien, Gesetze und Initiativen

Diese Initiative ist nur eine von vielen, die dem digitalen Wandel den Weg bereiten soll. Die Bundesregierung hat die engere Vernetzung von Patientenversorgung und Gesundheitsforschung bei der Nutzung von digitalen Gesundheitsdaten zu einer ihrer zwölf Missionen in der Hightech-Strategie 2025 erklärt. Außerdem werden in der Roadmap genannt: die Umsetzungsstrategie Digitalisierung, die Datenstrategie sowie die Strategie Künstliche Intelligenz und die Blockchain-Strategie der Bundesregierung. Hinzu kommen die Digitalstrategie „Gestaltung der digitalen Zukunft Europas“ und die Europäische Datenstrategie (European Strategy for Data) der Europäischen Kommission.

Strategien, wohin man auch schaut

Auch auf der Ebene der Gesetzgebung ist das BMG sehr aktiv, etwa mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz und dem Patientendaten-Schutzgesetz. Gegenwärtig wird ein drittes Digitalisierungsgesetz auf den Weg gebracht. Wichtige Impulse werden darüber hinaus mit der BMBF-unterstützten Medizininformatik-Initiative, dem geplanten Forschungsdatenzentrum, das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angesiedelt werden soll, und der nationalen Forschungsdateninfrastruktur gesetzt. Außerdem arbeiten der Health Innovation Hub des BMG, die Gematik, der Digitalverband Bitkom und der Bundesverband Gesundheits-IT gerade im offenen Prozess an der Fortsetzung ihres Strategiepapiers „Interoperabilität 2025“.
Die Vielzahl an Strategien, Gesetzen und Initiativen zeigt die Komplexität des Themas. Viel tut sich – endlich auch an Stellen, an denen lange Zeit Blockade auf der Tagesordnung stand, wie bei der Gematik. Dennoch ist der Befund in einem Gutachten mehrerer Wissenschaftler, das kürzlich veröffentlicht wurde, noch immer ziemlich ernüchternd: „Für eine Nachnutzung seitens der medizinischen Forschung interessante und relevante Daten sind im Gesundheitssystem vielfach vorhanden, aber verteilt über viele Akteure und Institutionen und zudem rechtlich und technisch nur sehr begrenzt verfügbar und verknüpfbar.“

Was bringt eine Datenspende?

Das Gutachten im Auftrag des BMG haben unter anderem PD Dr. Sven Zenker und Sebastian C. Semler, Geschäftsführer der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF), verfasst. Sie sind davon überzeugt, dass eine Datenspende für die sekundäre Datennutzung im Unterschied zum jetzigen Verfahren die Qualität, Fairness und Effizienz der Gesundheitsversorgung und der medizinischen Forschung stark fördern könnte. Die Idee ist nicht neu. Auch der Deutsche Ethikrat und Forschungs- und Digitalpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben sich mit dem Thema befasst (siehe Infokasten).

„Mit Daten Leben retten“
Parallel zum Gesetzgebungsverfahren des Patientendaten-Schutzgesetzes haben Gesundheits-, Forschungs- und Digitalpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ende Mai ein Positionspapier verfasst. Der Titel lautet „Mit Daten Leben retten: Für eine bessere Patientenversorgung durch Digitalisierung und Gesundheitsforschung“. Sie können sich unter anderem „perspektivisch“ vorstellen, dass in Deutschland ansässige forschende Unternehmen der Gesundheitswirtschaft in den Kreis der Antragsberechtigten für das Forschungsdatenzentrum aufgenommen werden. Darüber hinaus machen sie sich für eine verlässliche Infrastruktur stark, in der Datenflüsse zwischen Patienten, Versorgung und Forschung koordiniert werden. Den Unionspolitikern schwebt eine zentrale nationale Instanz nach Vorbild des US-amerikanischen „Office of the National Coordinator for Health Information Technology“ vor.

Zenker und Semler plädieren bei der Datenspende für ein einfach auszuübendes Widerspruchsmodell (opt-out). Besonders wichtig ist ihnen: Die Spende sollte zeitlich und räumlich vom Kontext einer medizinischen Behandlung entkoppelt und stattdessen im normalen Alltagsleben verankert werden. „Die Akutversorgung ist ein ungünstiger Zeitpunkt, um sich mit einer längeren Aufklärung zu Forschungsprojekten zu befassen – insbesondere, wenn diese komplexe Fragestellungen verfolgen oder infrastrukturell angelegt sind“, sagt Semler. Die Bürger sollten besser angesprochen werden, bevor sie in eine medizinische Notsituation kommen. „Denn eine informierte Entscheidung fällt leichter, wenn man sie mit relativ freiem Kopf fällen kann“, argumentiert Zenker.

 

 

 

 







Mehr Nutzung, Akzeptanz und Autonomie

Der ärztliche Leiter der Stabsstelle Medizinisch-Wissenschaftliche Technologieentwicklung und -koordination am Universitätsklinikum Bonn nennt noch einen weiteren Grund für eine breite Bürgerbeteiligung: die deutliche Selektionsverzerrung. Zum Beispiel können nur die Patienten der Universitätsmedizin befragt werden, die zum Zeitpunkt der Aufnahme noch ansprechbar und einwilligungsfähig sind, sodass bestimmte Krankheitsbilder und schwere Verläufe systematisch von der Datennutzung ausgeschlossen werden. Es geht den Wissenschaftlern also darum, ein Informationsangebot außerhalb des Akutkontextes zu schaffen. „Für mehr Datennutzung brauchen wir mehr Akzeptanz, mehr Akzeptanz geschieht durch mehr Patientenautonomie und die Patientenautonomie steigern wir nicht durch eine Vielzahl immer länger werdender Informations- und Einwilligungsunterlagen“, sagt Semler. Solche Prozesse sollten sinnvoll organisiert werden, das bedeutet: leistbar für die eine Seite sowie verständlich, überschaubar und beurteilbar für die andere Seite – die Bürger bzw. Patienten. Für Semler macht das Ganze nur dann Sinn, wenn man aus dem Projektzusammenhang hinausgeht. „Damit brauche ich einen neuen Akteur, der die grundsätzliche Spende verwaltet.“

Wie geht es weiter?

Eine solche projektübergreifende Entität, wie Semler es nennt, sollte völlig unabhängig von derzeit laufenden Verfahren gedacht werden. „Würde man neue Anforderungen zur Datenspende beispielsweise schon jetzt an die ePA-Einführung richten, wäre damit das Projekt überfrachtet“, befürchtet der Experte. Es handelt sich ohnehin um eine langfristige Idee, die Strukturen von morgen vorausdenken soll. Die politische Debatte dazu beginnt gerade erst. Die Autoren des Gutachtens haben mit Patientenorganisationen wie der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Selbsthilfe und dem Aktionsbündnis Patientensicherheit einen Workshop veranstaltet. Geplant sind jetzt Gespräche mit Abgeordneten. Fest steht nämlich, dass sich die ehrgeizigen Pläne der Wissenschaftler im derzeitigen Rechtsrahmen nicht verwirklichen lassen. Ein langer Atem ist gefragt. Aber vielleicht ist es ja genau dieser Paradigmenwechsel, den das hiesige System so dringend benötigt.

 

Souveräner Umgang mit Gesundheitsdaten
Auch das BMBF fördert das Thema Datenspende: Die Voraussetzungen für einen verantwortungsvollen und reflektierten Umgang mit Gesundheitsdaten stehen im Zentrum eines neuen Forschungsprojekts, das von Informatikerinnen und Informatikern der Freien Universität Berlin koordiniert wird. Ziel des Forschungsvorhabens „WerteRadar – Gesundheitsdaten souverän spenden“ ist es, eine integrative und interaktive Software zur reflektierten Weitergabe von Gesundheitsdaten zu konzipieren, zu evaluieren und umzusetzen. Gefördert wird WerteRadar vom BMBF mit rund 480.000 Euro, die Laufzeit beträgt drei Jahre.

 

KI in der Medizin: Aber wie?

Berlin (pag) – Um Vertrauen in die Sicherheit von KI-unterstützen medizinischen Systemen zu schaffen, muss der Gesetzgeber noch einige Hausaufgaben erledigen. Diese benennen Experten der vom Bundesforschungsministerium unterstützen Plattform Lernende Systeme in einem Whitepaper.

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Zwar verspricht Künstliche Intelligenz in der Medizin große Verbesserungen bei Prävention, frühzeitiger Diagnostik und patientengerechter Therapie. Aber intelligente und selbstlernende Systeme stellen an das Gesundheitswesen hohe Anforderungen, etwa an die IT-Sicherheit. Zu den Risiken zählen: fehlerhafte oder bewusst verfälschte Trainingsdaten, Angriffe auf die KI-Software, Verletzungen der Privatsphäre der Patientinnen und Patienten sowie Angriffe auf KI-Datenbanken und die fehlende Integration in die klinische Praxis.

„Mit KI gegen Krebs“

In dem Papier identifizieren die Experten entlang des Anwendungsszenarios „Mit KI gegen Krebs” technische und organisatorische Bedingungen, die für den Einsatz von KI-Assistenzsystemen in der Medizin notwendig sind. „Wir wollen den Rahmen für ein Lernendes System abstecken, bei dem die beim Hausarzt, beim Facharzt oder in den Krankenhäusern vorhandenen Diagnosedaten von Patientinnen und Patienten allen behandelnden Ärztinnen und Ärzten gleichermaßen zur Verfügung gestellt werden können“, erläutert Mitautor Thomas Schauf von der Deutschen Telekom. Stichwort Zugriffsrechte: „Der Patient als Souverän muss immer der Letztentscheider sein“, erläutert Schauf. Dem Hausarzt komme wiederum eine zentrale Rolle bei der Beratung des Patienten im Umgang mit seinen Daten zu. Er berate zukünftig nicht mehr nur medizinisch, sondern auch zunehmend in technologischen Aspekten. „Dies erfordert neue Kompetenzen, die Ärztinnen und Ärzte erwerben müssen“, meint der Experte.

In Richtung Gesetzgeber formulieren die Autoren zahlreiche regulatorische Gestaltungserfordernisse. Zum Beispiel: Gemeinsam mit betroffenen Stakeholdern sollte er Leitlinien sowie Prüfvorschriften für und Anforderungen an einen Zulassungsprozess und damit verbunden eine Zertifizierung der KI-Systeme erarbeiten. Außerdem sei eine Kennzeichnungspflicht der eingesetzten KI-Algorithmen einzuführen, die deren Eigenschaften und Zulassung für bestimmte Anwendungsgebiete transparent macht. Ein interdisziplinäres Expertengremium sollte in regelmäßigen Abständen die Funktionsweise der KI-Systeme überprüfen. Vorgeschlagen wird, dieses Komitee beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einzurichten. Als ausgebende Stellen der elektronischen Gesundheitskarte und des Heilberufsausweises sollten die Krankenkassen Sperrlisten führen, um einen unautorisierten Zugriff auf Daten zu verhindern, heißt es. Nicht zuletzt nennt die Publikation auch gesellschaftliche Fragen, die bei KI-Systemen in der Medizin zu diskutieren sind. Eine davon lautet: „Unter welchen Umständen und bis zu welcher Höhe sind wir bereit, als Gesellschaft ‚Fehlerquoten‘ zu akzeptieren, wenn auf der anderen Seite hoher medizinischer Nutzen geschaffen werden kann?“

Weiterführender Link
Zum Whitepaper „Sichere KI-Systeme für die Medizin – Datenmanagement und IT-Sicherheit in der Krebsbehandlung der Zukunft“
https://www.plattform-lernende-systeme.de/files/Downloads/Publikationen/AG3_6_Whitepaper_07042020.pdf

Digitale Wende braucht neue Berufe

 … und warum Corona als Katalysator wirken könnte

© antoniokhr / iStockphoto.com

Berlin (pag) – Eine Fachkraft, einen Prozessmanager und einen Systemarchitekt für digitale Gesundheit: Diese drei neuen Berufe hält eine Reformkommission der Stiftung Münch für erforderlich, um die Digitalisierung im Gesundheitssystem zu implementieren. Die Gesundheitsversorgung soll dadurch nachhaltig verbessert werden.

In einem 13-seitigen Papier hat die Kommission Kompetenzprofile erstellt, Anforderungen für die Entwicklung der Curricula entwickelt und Voraussetzungen für die Implementierung skizziert. Die neuen Berufe werden wie folgt beschrieben:

  • Die Fachkraft für digitale Gesundheit ist ein patientennaher Beruf. Sie betreut unmittelbar jeweils einzelne Patienten und sucht nach individuellen Wegen zur bestmöglichen Versorgung in ihrer konkreten Situation. Die Fachkraft leistet klassische analoge Hilfe und Routineversorgung und greift bei Bedarf auf digitale Technologien zurück, an die sie die Patienten heranführt. Ein relevanter Teil ihrer Arbeit wird die Pflege der Gesundheitsdaten und der elektronischen Patientenakte sein.
  • Der Prozessmanager für digitale Gesundheit ist für die Implementierung und Aufrechterhaltung innovativer Versorgungsabläufe zuständig. Er entwickelt medizinische und pflegerische Abläufe durch die Einführung digitaler Gesundheitstechnologien, die sich an einem Patientenkollektiv und ihren Behandlungsanforderungen orientieren. Eingesetzt wird der Manager sowohl im stationären als auch im ambulanten Sektor, aber auch intersektoral an Schnittstellen verschiedener Einrichtungen des Gesundheitssystems.
  • Der Systemarchitekt für digitale Gesundheit ist ein Change-Manager, der die großen Linien für die digitale Transformation seiner Einrichtung vorgibt. Er verantwortet die Konnektivität der Systeme, die Einhaltung der Datenstandards, die Aufsicht über Dutzende Einzelprozesse und erschließt Synergiepotenziale. Für seine Tätigkeit benötigt der Systemarchitekt hohes medizinisches und technologisches Wissen sowie hohe strategische und kommunikative Fähigkeiten.
Werden Studenten noch wie zu Virchows Zeiten ausgebildet? Historische Aufnahme von Rudolf Virchow, eine Schädeloperation beobachtend, Paris 1900 © Wellcome Images, CC BY 4.0

Ausbildung wie zu Virchows Zeiten

„Wir müssen die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärzten und Gesundheitsberufen komplett neu denken“, fordert die „Reformkommission Gesundheitsberufe der Zukunft“. Viele Ausbildungen erfolgten immer noch weitgehend ohne die demographischen und medizinisch-technologischen Veränderungen wie Ambulantisierung, Personalisierung, Automatisierung oder Künstliche Intelligenz zu berücksichtigen. Teilweise würden Mediziner und andere Gesundheitsberufe noch wie zu Virchows Zeiten ausgebildet. Ärzte und Angehörige anderer medizinischer Fachberufe, so der Befund, seien nach ihrer Ausbildung oft nur unzureichend auf ihr Berufsleben in einem sich radikal wandelnden Gesundheitssystem vorbereitet. Außerdem würden in einem vorwiegend arztzentrierten Versorgungs- und Vergütungssystem die Potenziale einzelner Gesundheitsberufe nur unzureichend genutzt. Die derzeitige Digitalisierungswelle mit dem Ziel, Aufgaben und Zuständigkeiten besser zu koordinieren, erfordere die existierenden Berufe weiterzuentwickeln. Das allein reiche als Antwort auf die damit verbundenen Umwälzungen jedoch nicht aus. Vielmehr sind nach Ansicht der Experten neue Berufe notwendig.

Pandemie als Katalysator

Die Kommission ist überzeugt, dass spätestens seit SARS-CoV-2 für viele Menschen die Vorteile digitaler Anwendungen spürbar werden. Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen habe im April die Digitalisierung als einen der Schlüssel zur Überwindung der Coronakrise benannt. „Die Pandemie wird zum Katalysator für die digitale Transformation“, ist Privatdozent Sebastian Kuhn, federführender Leiter der Kommission, überzeugt. Die vorgeschlagenen Berufe hätten dadurch an Bedeutung gewonnen, da sie sowohl die Patientenversorgung als auch die Innovationsfähigkeit im Gesundheitssystem stärken.
Stichwort Implementierung: Während Prozessmanager und Systemarchitekt vor allem aus den bestehenden Institutionen heraus entwickelt werden könnten, mahnen die Experten eine breite Zusammenarbeit von Politik und Verbänden an, um die Fachkraft für digitale Gesundheitsversorgung im System zu installieren. Weil bei diesem Beruf ein vieltausendfacher Bedarf vorausgesetzt werden könne, muss seine standes- und sozialrechtliche Anerkennung und die damit verbundene Finanzierung im Rahmen einer digitalen Bildungsstrategie für das Gesundheitswesen abgesichert sein.

 

© Stiftung Münch

Die Reformkommission

Der Kommission gehören an (siehe Foto, von links): der Mediziner Dr.Sebastian Kuhn, Dr. Bernadette Klapper, Leiterin des Bereichs Gesundheit der Robert Bosch Stiftung, Uwe Schwenk, Direktor des Programms „Versorgung verbessern – Patienten informieren“ bei der Bertelsmann Stiftung, und Dr. Franz Bartmann, ehemaliger Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein.

 

 

 

Weiterführende Links
Der Projektbericht der Experten „Neue Gesundheitsberufe für das digitale Zeitalter“ kann im Internet nachgelesen werden:
https://www.stiftung-muench.org/wp-content/uploads/2020/05/NB_Final.pdf

Interview mit Dr. Sebastian Kuhn in dieser Ausgabe: „Ich rechne mit deutlichen Widerständen“

„Ich rechne mit deutlichen Widerständen“

Nachgefragt bei PD Dr. Sebastian Kuhn

 

Privatdozent Dr. Sebastian Kuhn hat einen Master of Medical Education. Er ist Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Ausbildungsforscher und Hochschuldidaktiker an der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Außerdem hat Kuhn die M3D.digital GmbH gegründet, deren Geschäftsführer er ist. © pag, Fiolka

Braucht es gleich drei neue Berufe, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen sinnstiftend zu gestalten oder reichen dafür nicht fundierte Fort- und Weiterbildungen für die etablierten Professionen aus?

Kuhn: Die fundierte Weiterentwicklung der etablierten Professionen ist dringend notwendig. In diesem Punkt stimme ich Ihnen ganz zu und ich entwickle und implementiere hierzu bereits seit mehreren Jahren entsprechende Bildungskonzepte. Trotzdem ist dies zur effektiven Gestaltung des digitalen Wandels im Gesundheitssystem nicht ausreichend.

Warum?

Kuhn: Die aktuelle Covid-19-Krise zeigt besonders deutlich, wie komplex die Schaffung neuer Behandlungsabläufe unter Einbeziehung digitaler Technologien ist. Vieles, was technisch möglich und medi-zinisch sinnhaft ist, wird derzeit noch nicht genutzt.

Zum Beispiel?

Kuhn: Konkrete Beispiele wären das „Home-Monitoring“ mit Smart Devices oder der effektive intersektorale Austausch relevanter Behandlungsdaten. Hierzu sind viele Einzelschritte notwendig, von der Unterstützung einzelner Patienten, der Ausgestaltung der Prozesse hin zur Integration in das Gesundheitssystem. Diese benötigen hohe Kompetenzen für Gesundheit, Digitalisierung und die damit einhergehenden medizinischen, technischen, rechtlichen und ethischen Implikationen.

Das deutsche Gesundheitswesen ist nicht besonders innovationsfreudig. Das gilt auch für neue Berufe wie den Physician Assistant, mit dem sich etwa noch viele Ärzte schwertun. Mit welchen Widerständen rechnen Sie bei der Etablierung von neuen Digitalberufen?

Kuhn: Mit Widerstand rechne ich vor allem bei der Implementierung der Fachkraft für digitale Gesundheit. Sie trägt als Bindeglied zwischen Patienten, Fachpersonal und technologischen Anwendungen zur Erhöhung der Versorgungsqualität vor Ort bei. Weil bei diesem Beruf ein vieltausendfacher Bedarf vorausgesetzt werden kann und ein patientennahes Handeln stattfindet, rechne ich mit deutlichen Widerständen. Mit weniger Widerständen rechne ich beim Prozessmanager für digitale Gesundheit, der für die Implementierung und Aufrechterhaltung innovativer Versorgungsabläufe zuständig ist, und beim Systemarchitekt für digitale Gesundheit, der als Change-Manager innerhalb der jeweiligen Institution die großen Linien für die digitale Transformation vorgibt.

Wie müssten die konkreten Schritte aussehen, um die Fachkraft, den Prozessmanager und den Systemarchitekten für digitale Gesundheit zu implementieren? Wer muss handeln?

Kuhn: Als Teil der Digitalisierungsstrategie muss die Politik dringend den Qualifizierungsbedarf der Fachkräfte adressieren. Dies umfasst insbesondere auch die Schaffung neuer Berufe. Die Politik und die Kostenträger haben hierbei die Finanzierung zu gewährleisten. Gleichzeitig müssen Bildungsinsti-tutionen die notwendigen organi-satorischen, personellen und finanziellen Maßnahmen in die Wege leiten. Für die Fachkraft für digitale Gesundheit muss eine standes- und sozialrechtliche Anerkennung abgesichert sein. Hierbei sind vor allem Politik, Selbstverwaltung und Kostenträger gefordert. Weitere wichtige Schritte umfassen eine gezielte Innovationsförderung.

Wie hat diese auszusehen?

Kuhn: Die Institutionen des Gesundheitssystems sollen Strukturen und Anreizsysteme schaffen, um Aktivitäten für digitale Innovationsarbeit zu fördern. Inkubatoren und Innovation-Hubs ermöglichen hierbei einen Dialog zwischen den Stakeholdern und sind für die drei genannten Berufe ideale Wirkungsstätten, um die Implementierungsprozesse effektiv voranzutreiben.

 

Hinweis:
Siehe auch den Beitrag „Digitale Wende braucht neue Berufe – … und warum Corona als Katalysator wirken könnte“ in dieser Ausgabe.

Begehrt: Die Daten der Patienten

Berlin (pag) – Wie können Gesundheitsdaten für die Forschung genutzt werden? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, wie sieht es mit Datenspenden aus, wie mit einer Pflicht zur Spende? Darüber wird derzeit viel debattiert. Ein Bericht von zwei Veranstaltungen.

Datenschutz ist wichtig. Doch wenn es für ernsthaft erkrankte Patienten darum geht, eine bessere Therapie zu bekommen oder vielleicht anderen Betroffenen in Zukunft dazu zu verhelfen, ist für sie der Datenschutz kein heiliger Gral mehr. Das berichtet Prof. Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Gerontologin an der Charité, auf einer Veranstaltung von Sanofi, dem Verband der forschenden Pharma-Unternehmen und dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie. Patienten seien oft bereit, vieles offen zu legen, sich sogar mit Hilfe von  Videokameras überwachen zu lassen. „Bedenken wegen Datenschutz haben sie nicht“, sagt Steinhagen-Thiessen. Die Einwände kämen meist von denjenigen, die nicht betroffen seien.

Über das Thema Datenspende wird intensiv auf der Veranstaltung diskutiert. Eine Frage lautet: Sollen in einem Solidarsystem wie der gesetzlichen Krankenversicherung alle Patienten zu einer solchen Spende verpflichtet werden? Patientenvertreter Sigfried Schwarze mahnt zur Vorsicht, denn das Sammeln von Daten habe immer Konsequenzen. Daten seien das neue Erdöl, mit ihnen müsse verantwortungsvoll umgegangen werden. Eine vorherige Festlegung der Spende auf definierte Forschungsprojekte hält allerdings die Medizinrechtlerin Dr. Constanze Püschel angesichts des medizinischen Fortschritts für schwierig. „Es muss reichen, dass es um medizinische Versorgungsforschung geht.“ Eine breite Einwilligung, welche die Datennutzung auch für spätere Wissenschaftsprojekte gestatte, genügt Püschel unter folgenden Voraussetzungen: Eine unabhängige Ethikkommission begutachtet das Vorhaben, dieses wird öffentlich bekanntgemacht und die Daten werden treuhänderisch verwaltet.

Einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge sind 73 Prozent der Deutschen bereit, ihre Gesundheitsdaten für Forschungszwecke zu spenden. Drei Viertel von ihnen würden dies ohne Festlegung auf ein bestimmtes Vorhaben tun.

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„Eine große Herausforderung dieser Wahlperiode“

Wer sich mit Forschung und digitalen Patientendaten befasst, kommt an der Medizininformatik-Initiative (MII) nicht vorbei. Das mit 160 Millionen Euro vom Bund geförderte Projekt will die Forschungsmöglichkeiten und Patientenversorgung durch innovative IT-Lösungen verbessern – diese sollen es ermöglichen, dass Daten aus Krankenversorgung, klinischer und biomedizinischer Forschung über die Grenzen von Institutionen und Standorten hinweg ausgetauscht werden können. Einen Workshop der Initiative nutzt kürzlich die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, um darzustellen, worauf es ihr bei der Nutzung von Patientendaten ankommt. Prof. Claudia Schmidtke betont: „Die deutschlandweite Vernetzung der Routinedaten unserer Gesundheitsversorgung birgt eine sehr große Chance, um Krankheiten im gesamten Spektrum – von den großen Volkskrankheiten bis hin zu seltenen Erkrankungen – besser und frühzeitiger erkennen und behandeln zu können.“

Bedingung dafür sei, die rechtlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen für die Forschung mit großen qualitativ hochwertigen Datenmengen zu schaffen – „eine große Herausforderung dieser Wahlperiode“. Als Ziel formuliert Schmidtke, den „mündigen Patienten als informierten Manager seiner eigenen Gesundheit und natürlich auch seiner Krankheit wahrzunehmen, auf seine Fragen einzugehen und alle für den jeweiligen Fall relevanten Informationen auszutauschen“.

Die Vertrauensfrage in der digitalen Medizin

Kein Zaudern mehr: Ärzteschaft will gestalten

Berlin (pag) – „Wir sollten uns auf den Weg machen, um die Digitalisierung der Medizin angemessen zu begleiten“, appelliert der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Prof. Klaus Reinhardt. Auf einer Veranstaltung der Kammer fordert er für die Digitalisierung eine Gesamtstrategie und einen Ordnungsrahmen für politische, rechtliche und ethische Fragen.

„Die Vertrauensfrage in der digitalen Medizin“ lautet der Titel der BÄK-Veranstaltung. Dort unterstreicht Dr. Peter Bobbert die enorme Geschwindigkeit, mit der sich der digitale Wandel vollzieht. Das sei in der Vergangenheit mehrfach unterschätzt worden. Dem Vorsitzenden des Kammerausschusses „Digitalisierung der Gesundheitsversorgung“ ist es ein wichtiges Anliegen, dass die digitale Medizin „nicht nur eine andere, sondern eine bessere Medizin“ wird. In deren Mittelpunkt habe weiterhin die Menschlichkeit zu stehen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) © pag, Fiolka

Ähnlich sieht es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der betont, dass ärztliches Handeln weiterhin von dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient geprägt sein werde. Er geht auch auf Parameter ein, die das Vertrauen in die digitale Medizin stärken. Dazu gehört für den CDU-Politiker, dass sich Ärzte – aber auch andere Gesundheitsberufe – Kompetenzen in diesem Bereich aneignen. Das geplante Digitale-Versorgung-Gesetz sieht vor, dass Ärzte künftig Apps auf Rezept verschreiben können.

Spahn ist davon überzeugt, dass das Vertrauen neben einer robusten Datensicherheit und einem verlässlichen Datenschutz auch dadurch wächst, wenn positive Auswirkungen im Versorgungsalltag für die Patienten spürbar werden. Als Beispiel nennt er die Video-Sprechstunde. Grundsätzlich wirbt er dafür, das „Digitale nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung“ wahrzunehmen und es selbst zu gestalten anstatt es zu erleiden. Denn dann könne daraus etwas Gutes werden.

„Entwicklung ohne Risiko ist unrealistisch“

 

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Bei der folgenden Diskussion geht es insbesondere um Apps. Dr. Martin Hirsch, Mitbegründer der Gesundheitsapp Ada, stellt in diesem Kontext die Vertrauensfrage anders herum: „Wie steht es mit dem Vertrauen gegenüber Ärzten, die sich solchen Tools verweigern?“ Für den Vorstandsvorsitzenden der Barmer, Prof. Christoph Straub, sind Apps keine stabilen Produkte, weil bei ihnen Veränderungen miteingebaut seien. Das erschwere valide Urteile. Grundsätzlich wirbt er für eine gewisse Risikobereitschaft, denn: „Entwicklung ohne Risiko ist unrealistisch.“ Der Unfallchirug Dr. Sebastian Kuhn, Universitätsmedizin Mainz, stellt die ärztliche Aufgabe heraus, technische Innovationen in sinnvolle Patientenbehandlungen zu übersetzen. Als historisches Beispiel nennt er das Röntgen. Bevor die Strahlen ihren Siegeszug in der Medizin antraten, hätten sich Jahrmarktbesucher zur allgemeinen Belustigung durchleuchten lassen. In der Medizin sei diese Übersetzungsleistung daher nichts Neues, sie bestimme ärztliches Handeln seit Generationen.

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Nachgefragt bei Dr. Peter Bobbert, Bundesärztekammer

„Ärzteschaft muss Verantwortung wahrnehmen“

Dr. Peter Bobbert, Vorsitzender des BÄK-Ausschusses „Digitalisierung der Gesundheitsversorgung“ © pag, Fiolka

Was müssen die nächsten konkreten Schritte der Ärzteschaft sein, um den digitalen Wandel in der Medizin nicht nur zu erdulden, sondern aktiv mitzugestalten?

Dr. Bobbert: Um gestalten zu können, benötigt man einerseits den Willen und andererseits die Expertise.
Der Wille besteht bereits spätestens seit dem Ärztetag in Freiburg 2017, als die Ärzteschaft zum ersten Mal im breiten Konsens die Notwendigkeit des konstruktiven Handelns im digitalen Wandel der Medizin einforderte. Gleichzeitig hat sie betont, dass die Digitalisierung in der Medizin eine große Chance und kein Risiko ist. Die weiteren Schritte sind der schnelle Erwerb einer ausreichenden digitalen Kompetenz und Expertise. In der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung müssen digitale Inhalte implementiert werden, um die Voraussetzung zu schaffen, dass die Ärzteschaft den Wandel kompetent und produktiv mitgestalten kann. Zudem müssen wir in der ärztlichen Selbstverwaltung mehr als bisher der Politik konkrete Angebote bei der Umsetzung und Realisierung digitaler Anwendungen machen. Wir müssen es sein, die Antworten auf Fragen finden, wie zum Beispiel eine nützliche elektronische Patientenakte oder wie aus ärztlich wissenschaftlicher Sicht eine sinnvolle Einführung von digitalen Gesundheitsapps auszusehen hat.

Welche Hürden müssen dabei abgebaut werden?

Dr. Bobbert: Es ist die Hürde zu nehmen, nicht mehr nur Ziele im Wandel zu beschreiben, sondern konkret bei der Umsetzung Wege zu bauen. Wir dürfen uns nicht auf andere verlassen, sondern müssen unsere Verantwortung wahrnehmen.

In welchen Bereichen sind die Ärzte bei der digitalen Medizin gut aufgestellt, wo sehen Sie den größten Nachholbedarf?

Dr. Bobbert: Wir konnten in den letzten Jahren schon wichtige Entwicklungen im ärztlichen Arbeitsalltag und in der wissenschaftlichen Tätigkeit verzeichnen. Das Interesse und Engagement der Ärzteschaft, digitale Anwendungen effektiv und schnell in unseren Arbeitsalltag zu implementieren, ist hoch. Digital Health spielt bereits heute in der Nachwuchsförderung, in der Wissenschaft und an den Universitäten eine entscheidende Rolle. Wir haben einen hervorragenden Prozess bereits begleiten können, der in Zukunft wichtige Impulse geben wird. Berufspolitisch müssen wir allerdings noch in unserem Handeln besser werden. Es fehlt nicht am Willen. Aber wir müssen verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen, um auf politischer Ebene wieder als der kompetente Ansprechpartner auch im digitalen Wandel angesehen zu werden. Dies bedeutet, dass wir beharrlich und schnell stets konkrete Wege aufzeigen müssen, wie digitale Anwendungen in die Realität umgesetzt werden können. Die Zeit des Betonens, warum etwas nicht geht, ist vorbei. Die Ärzteschaft gestaltet.