Berlin (pag) – In die festgefahrene Sterbehilfe-Debatte kommt wieder Bewegung: Zwei Gesetzesinitiativen sind bekannt geworden: Für eine zeichnen die Grünen-Politikerinnen Katja Keul und Renate Künast verantwortlich. Der Entwurf für ein Suizidhilfegesetz stammt von Prof. Karl Lauterbach (SPD), Katrin Helling-Plahr (FDP) und Petra Sitte (Die Linke).
„Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben darf es nicht nur auf dem Papier geben“, betont Katrin Helling-Plahr, als sie mit ihren beiden Mitstreitern den Entwurf eines Suizidhilfegesetzes bei der Bundespressekonferenz vorstellt. Derzeit bestehe erhebliche Rechtsunsicherheit. Anfang 2020 hat das Bundesverfassungsgericht das seit 2015 bestehende Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt. Die Begründung der Karlsruher Richter: Das Verbot verletze das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben..
Auch der Deutsche Ethikrat beschäftigt sich derzeit intensiv mit dem Thema Sterbehilfe. Im Oktober vergangenen Jahres hat er auf einer Veranstaltung das „Recht auf Selbsttötung?“ erörtert. Bei einer Anhörung im Dezember wurde das Spektrum des Suizidbegehrens exemplarisch an ausgesuchten Lebenslagen näher beleuchtet. Konkret hat der Rat Aspekte der Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen, im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen und im Kontext palliativer Versorgung in den Blick genommen sowie die Selbsttötung als Form der Lebensbilanzierung. Anlässlich der Anhörung bekräftigt die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) ihre kritische Haltung gegenüber der ärztlichen Suizidbeihilfe als Aufgabe der Palliativversorgung. Die Suizidbeihilfe könne keine Aufgabe der Hospiz- und Palliativversorgung, ein Add-On, sein, sagt DGP-Präsident Prof. Lukas Radbruch.
Wie unterschiedlich das Thema Sterbehilfe nicht nur innerhalb der Ärzteschaft, sondern auch innerhalb der Fachgesellschaft selbst eingeschätzt wird, hat kürzlich das in der ARD gezeigte Stück „Gott“ von Ferdinand von Schirach offenbart. In einem offenen Brief monieren Radbruch sowie 16 weitere Unterzeichner unter anderem, dass die Rolle des Ärztekammervertreters „ein wenig aus der Zeit gefallen“ sei. Sie betonen, dass die Zulassung des assistierten Suizids weder Suizidraten senke noch harte Suizide verhindere. Aussagen wie diese bleiben nicht ohne Widerspruch. In einer Replik auf den Brief kritisieren 27 Personen, unter ihnen der Notfallmediziner Michael de Ridder und der Jurist Prof. Reinhard Merkel, nachweisbar unwahre oder verzerrende Aussagen – etwa in Bezug auf sinkende Suizidraten oder auf die Verhinderung von harten Suiziden. Zur Darstellung des Kammervertreters merken sie an, dass exakt die Argumente des Arztes in dem Stück von realen Vertretern der Ärzteschaft während der letzten Jahre vorgebracht wurden. Namentlich wird an den ehemaligen Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, erinnert.
Wie kann eine Neuregelung der Suizidassistenz aussehen?
Berlin (pag) – Das Thema Sterbehilfe wird der Bundestag nicht los. Nachdem der erste Versuch, den assistierten Suizid in ein möglichst enges Korsett zu packen, gescheitert ist, wollen die Abgeordneten den ethisch heiklen und mit Tabus beladenen Topos noch einmal angehen. Gefunden werden soll ein Schutzkonzept, das das Recht auf selbstbestimmtes Sterben nicht über Gebühr einschränkt. Bei Kindern und Jugendlichen könnte ein assistierter Suizid ausgeschlossen werden.
Klar ist schon jetzt: Der Vorschlag von Prof. Thomas Fischer, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof (BGH) und meinungsstarker, oft auch polarisierender Kolumnist von „Spiegel Online“, wird im Bundestag bestimmt keine Gefolgschaft finden. Fischer ist dafür, den im Februar 2020 vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Strafrechts-Paragrafen 217 (Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe) nicht zu überarbeiten, sondern auf Nimmerwiedersehen in der Versenkung verschwinden zu lassen. Dann, so Fischer, gelte wieder die Rechtslage, die vorher schon seit 140 Jahren Bestand hatte: Da Suizid nicht bestraft werden kann, ist auch die Beihilfe dazu straflos. „Das kann man so lassen“, sagt Fischer bei einem digitalen Fachgespräch der Heinrich-Böll-Stiftung.
Auf die Agenda des Bundestags
Nichtstun allerdings, wie es der Richter a. D. fordert, kommt für die meisten Abgeordneten und im Übrigen auch für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht in Betracht. Dieser hat bereits Mitte April 30 Ärztevertreter, Verbände, Organisationen und Juristen angeschrieben mit der Bitte, ihm Vorschläge für eine Neuregelung der Suizidassistenz zu unterbreiten. Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD) ist wild entschlossen, das Thema Sterbehilfe im jetzigen Herbst auf die Agenda des Bundestages setzen. Und Kirsten Kappert-Gonther, Bundestagsabgeordnete der Grünen, erinnert bei der Veranstaltung der Böll-Stiftung daran, dass die Mehrheit, die 2015 für den einschränkenden Paragrafen 217 StGB stimmte, immer noch vorhanden sei. Das müsse berücksichtigt werden.
Schutzpflichten für vulnerabe Gruppen
„Wir müssen eine Regelung treffen, die den Schutzpflichten für vulnerable Gruppen Rechnung trägt.“ Damit meint Kappert-Gonther vor allem alte, chronisch sowie psychisch kranke oder pflegebedürftige Menschen, „die niemandem zur Last fallen wollen“. Auch müsse verhindert werden, dass sie zu einem Suizid – etwa von Angehörigen – gedrängt werden. „Menschen in Pflege- und Notsituationen müssen Hilfe bekommen, damit sie nicht aus dem Leben scheiden wollen“, so die Grünen-Politikerin. Suizid als Form der Lebensbeendigung dürfe auf keinen Fall zur Normalität werden.
Das Bundesverfassungsgericht selbst hat es als legitimes Anliegen des Staates bezeichnet, zu verhindern, „dass sich der assistierte Suizid in der Gesellschaft als normale Form der Lebensbeendigung durchsetzt“. Kirsten Kappert-Gonther wie auch Prof. Steffen Augsberg, Mitglied des Deutschen Ethikrates und Professor für öffentliches Recht an der Uni Gießen, plädieren dafür, Kriterien aufzustellen, mit denen sichergestellt wird, dass eine (straffreie) Sterbehilfe nur bei solchen Menschen erfolgt, deren Entschluss auf einer freien Willensentscheidung beruht und keine Verzweiflungstat ist. „Die Kriterien dafür müssen diskutiert werden“, sagt Augsberg. In Betracht kämen zum Beispiel – wie es auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil angedeutet hat – Wartefristen, die Einbeziehung von Psychiatern und Beratungsgespräche. „Unbedingt festzuzurren“ ist nach Ansicht von Augsberg in einem Schutzkonzept zudem, dass Suizidassistenz bei Minderjährigen verboten wird. Ein Recht auf aktive Sterbehilfe für Kinder und Jugendliche wie in Belgien oder in den Niederlanden soll es hierzulande nicht geben. Auch Patientenverfügungen dürfen laut Augsberg nicht ohne Weiteres akzeptiert werden. „Es darf kein Suizid bei jetzt dementen Personen erlaubt werden.“
Demenz und Sterbehilfe
In den Niederlanden hatte der Fall einer 74-jährigen an Demenz erkrankten Frau für Aufsehen erregt, bei der 2016 – so heißt es in dem Nachbarland – eine Euthanasie durchgeführt worden war, obwohl sie sich dagegen gewehrt hatte. Das höchste Gericht sprach die Ärztin vor Kurzem von Mord frei, weil die Frau einige Jahre zuvor in einer Verfügung bestimmt hatte, Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu wollen, wenn sie nicht mehr in der Lage sei, bei ihrem Mann zu wohnen. Sollte Augsbergs Forderung aufgegriffen werden, dürfte eine Diskussion darüber entbrennen, wie verbindlich Patientenverfügungen dann für Angehörige und Ärzte überhaupt noch sein werden und ob diese nachher im Zustand der Einwilligungsunfähigkeit widerrufen werden können. Die Ansicht darüber gehen unter Juristen weit auseinander.
Für illusorisch hält allerdings Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz die Vorstellung, mit prozeduralen Vorgaben festlegen zu können, welche Entscheidung zur Selbsttötung autonom ist und welche nicht und in welchem Falle demnach Suizid- assistenz erlaubt ist. Um wenigstens zu verhindern, dass vonseiten professioneller Suizidhelfer, also Sterbe- hilfeorganisationen, Druck auf vulnerable Gruppen ausgeübt wird, schlägt die Stiftung als schnell umsetzbare Lösung vor, im neuen Paragraf 217 Strafgesetzbuch die mit Gewinnabsicht durchgeführte Förderung der Selbsttötung unter Strafe zu stellen.
Wie ernsthaft ist der Suizidwunsch?
Eine tragende Rolle für Ärzte sieht ein weiterer Vorschlag vor, den ein Quartett aus Palliativmedizinern, Medizinrechtlern und Ethikern um Prof. Jochen Taupitz vorgelegt hat. Danach sollen allein Mediziner die Ernsthaftigkeit des Suizidwunsches prüfen. Und nur sie sowie Angehörige und nahestehende Personen bleiben straffrei, wenn sie Hilfe zur Selbsttötung leisten.Werbung für Hilfe zur Selbsttötung soll verboten werden. Es bleibt anzuwarten, wie es im Herbst mit der Sterbehilfe weitergeht und ob noch in dieser Legislatur eine neue gesetzliche Regelung verabschiedet wird. Experten, unter anderem aus dem Deutschen Ethikrat, warnen vor Schnellschüssen: Mit einem neuen Gesetz, das erneut von den Karlsruher Richtern kassiert wird, dürfte niemanden – am allerwenigsten den Betroffenen – geholfen sein.
Zum Hintergrund: eine Gemengelage von Urteilen
Mit dem Ziel, Sterbehilfeorganisationen Einhalt zu gebieten, hat der Gesetzgeber 2015 im Paragraf 217 Strafgesetzbuch (StGB) die geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe gestellt. Dieses Verbot wurde jedoch im Februar 2020 vom Bundesverfassungsgericht für grundgesetzwidrig erklärt. Der Grund: Paragraf 217 StGB entleere faktisch die Möglichkeit einer assistierten Selbsttötung und greife dadurch in das Recht ein, sich das Leben zu nehmen und dabei auf die Hilfe Dritter zurückzugreifen. Ausdrücklich betonen die Richter aber, dass es dem Gesetzgeber nicht untersagt ist, die Suizidhilfe zu regulieren. Er müsse dabei aber sicherstellen, dass dem Recht des Einzelnen, sein Leben selbstbestimmt zu beenden, Rechnung getragen wird. Das Gericht sieht ein breites Spektrum an Möglichkeiten für ein Schutzkonzept, etwa gesetzlich festgeschriebene Aufklärungs- und Wartepflichten oder auch Verbote „besonders gefahrträchtiger Erscheinungsformen der Suizidhilfe“.
Nach wie vor ist unklar, wie das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf das Urteil reagieren wird. Ihm liegen über 100 Anträge von Suizidwilligen vor, die eine Erlaubnis zum Erwerb tödlicher Betäubungsmittel haben wollen. Grund dafür ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2017, das im extremen Einzelfall einen Anspruch auf Genehmigung postuliert hat. Das Bundesgesundheitsministerium hat dem BfArM allerdings untersagt, das Urteil umzusetzen. Seitdem werden Anträge (seit 2017 sind fast 200 eingegangen) nicht mehr beschieden. Begründet hat das Ministerium seine Anordnung unter anderem damit, dass das Urteil des BVerfG zu 217 StGB abgewartet werden soll. Auch nach der inzwischen ergangenen Entscheidung bleibt das Ministerium aber dabei, der Behörde positive Bescheide zu verbieten.
Keine Klarheit hat auch die Vorlage des Verwaltungsgerichts (VG) Köln beim Bundesverfassungsgericht gebracht, mit der faktisch das BfArM zur Bescheidung der Anträge verpflichtet werden sollte. Die Vorlage wurde Ende Juni zurückgewiesen – allerdings nur, weil die Begründung des VG nach dem Sterbehilfe-Urteil in den Augen der Verfassungsrichter nicht mehr stichhaltig war. Zur Sache selbst hat sich das Bundesverfassungsgericht nicht geäußert.
Prof. Jochen Taupitz zur Sterbehilfe in Deutschland
Berlin (pag) – Ärzte sind verunsichert, weil sie befürchten müssen, sich strafbar zu machen. Patienten sind es, weil sie nicht wissen, ob sie in ihrer Not Hilfe bekommen. Strafrechtliche Vorschriften und Gerichtsentscheidungen sorgen dafür, dass die Situation der Sterbehilfe in Deutschland momentan ziemlich unübersichtlich ist. Die drängendsten Probleme zeigt der Jurist Prof. Jochen Taupitz im Interview auf und stellt Lösungsmöglichkeiten vor.
Wie würden Sie die derzeitige Situation der Sterbehilfe in Deutschland charakterisieren?
Taupitz: Soweit Sterbehilfe in dem Sinne betroffen ist, dass einem anderen Menschen bei der Selbsttötung geholfen wird, ist die Situation verworren. Erstens gibt es seit 2015 mit dem Paragrafen 217 Strafgesetzbuch eine unselige Strafvorschrift zur strafbaren Beihilfe zum Suizid, deren Auslegung höchst umstrittenist. Es gibt zweitens eine damit nicht in Einklang zu bringende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Staat unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet ist, ein tödlich wirkendes Medikament zum Zweck des Suizids zur Verfügung zu stellen. Und es gibt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg, welche die ganz alte Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Wittig-Fall wiederbeleben will. Danach muss jemand, der erlaubtermaßen Beihilfe zum Suizid leistet, trotzdem Hilfe leisten, wenn der Suizident bewusstlos geworden ist. Schließlich gibt es in den einzelnen Ärztekammerbezirken unterschiedliche berufsrechtliche Regeln: In manchen Kammerbezirken ist es den Ärzten strikt verboten, Beihilfe zum Suizid zu leisten, in anderen nicht. Das ist insgesamt kaum zu verstehen.
Wo bestehen aus Ihrer Sicht bei den Betroffenen – sowohl Patienten als auch Palliativmedizinern und Hospizmitarbeitern – die größten Probleme?
Taupitz: Ein Patient kann nicht sicher sein, dass er sich vertrauensvoll an seinen Arzt wenden kann und dieser ihm – wenn er einen ernsthaften und dauerhaften Sterbewunsch hat – dann auch hilft und helfen darf. Abgesehen von den in einigen Kammerbezirken drohenden berufsrechtlichen Konsequenzen macht sich der Mediziner möglicherweise nach dem neuen Paragraf 217 strafbar, weil dieser die geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe stellt.
Geschäftsmäßig heißt …
Taupitz: … dass es in Wiederholungsabsicht geschieht. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung ausdrücklich geschrieben, dass bereits das erstmalige Helfen in Wiederholungsabsicht strafbar sein kann. Ich meine: Wenn ein Arzt aus Gewissensgründen einem Patienten in einer bestimmten Situation Beihilfe zum Suizid leistet, dann wird er das aufgrund seines Gewissens in einer vergleichbaren Situation wieder tun. Gerade eine Gewissensentscheidung trägt von Anfang an die Wiederholungsabsicht in sich. Das Gewissen schlägt ja nicht heute so und morgen anders, sondern es gebietet einem, in einer vergleichbaren Situation gleich zu handeln. Deswegen denke ich, dass gerade Palliativmediziner und Mediziner in Hospizen, die verhältnismäßig oft entsprechende Sterbewünsche angetragen bekommen, vor einem erheblichen Strafbarkeitsrisiko stehen.
Wie sieht es mit den Angehörigen aus?
Taupitz: Auch hier zeigen sich die Ungereimtheiten des Paragrafen 217, zum Beispiel folgendes Szenario: Meine Eltern sind krebskrank, mein Vater, der bereits schwerer erkrankt ist, bittet mich, ihn zu Dignitas in die Schweiz zu fahren. Komme ich dieser Bitte nach, begehe ich Beihilfe zum Suizid, die nicht strafbar ist. Wenn mich aber auch meine Mutter bittet, für sie später einmal dasselbe zu tun, und ich ihr das zusage, besteht bereits eine Wiederholungsabsicht bei mir und damit bin ich strafbar. Kurz gesagt: Wenn ich für Vater und Mutter dasselbe mache, bin ich dran, wenn ich es nur für einen Angehörigen tue, habe ich nichts zu befürchten.
Für Angehörige sicherlich nur schwer nachvollziehbar.
Taupitz: In der Tat, hinzu kommt: Setze ich meinen Vater unter Druck, nach dem Motto „Willst du denn wirklich noch länger leben? Besser, du stirbst bald, dann musst du nicht mehr leiden und das wird alles nicht so teuer“, wenn ich diesen Druck nur bei einem Angehörigen ausübe, besteht keine Strafbarkeit. Ist das nicht aber eigentlich viel schlimmer als zwei Angehörigen auf ihre ausdrückliche und frei verantwortliche Bitte hin Beihilfe zu leisten?
Allerdings gibt es noch keine Rechtsprechung, so dass noch unklar ist, wie diese Vorschrift ausgelegt wird.
Taupitz: Wir wissen auch nicht, ob das Bundesverfassungsgericht sie überhaupt für verfassungsmäßig erklärt. Das sorgt bei betroffenen Medizinern für eine ganz erhebliche Unsicherheit.
Wie wirkt sich diese Rechtsunsicherheit in der Praxis aus?
Taupitz: Ich höre immer wieder von Palliativmedizinern, dass sie in Sorge sind, sich strafbar zu machen und deshalb vorsichtshalber gar nicht auf Fragen von Patienten zum Suizid eingehen. Es kommt auch die alte Angst wieder auf, ob man überhaupt hochdosierte Schmerzmittel verschreiben darf, wenn zu befürchten ist, dass der Patient sie hortet und sie dann zum Zweck des Suizids alle auf einmal nimmt.
Ist der Mediziner bereits dran, wenn er damit rechnen muss?
Taupitz: Ich meine nein, aber Mediziner sind keine Juristen. Ich befürchte daher, dass die frühere Sorge, hochdosierte Betäubungsmittel und Schmerzmittel nicht verschreiben zu dürfen, im Gefolge des Paragrafen 217 wieder aufkommt.
Was bedeutet das für die Patienten?
Taupitz: Sie sind natürlich verunsichert, weil sie nicht wissen, ob sie in ihrer Not Hilfe bekommen. Es ist bezeichnend, dass beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als Folge der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bereits über 100 Anträge auf Zurverfügungstellung entsprechender Betäubungsmittel zum Zweck des Suizids vorliegen.
… denn die Behörde dürfte für die Patienten nicht die erste Wahl sein?
Taupitz: Wenn ich mich in die Lage eines Patienten hineinversetze, würde ich zunächst versuchen, das mit dem Arzt meines Vertrauens zu klären, bevor ich mich an eine anonyme Bundesbehörde wende.
Bislang hat das BfArM keinem Antrag stattgegeben. Das wird sich auch in absehbarer Zukunft nicht ändern, denn der Bundesgesundheitsminister hat die Behörde Ende Juni schriftlich auffordern lassen, solche Anträge zu versagen. Wie bewerten Sie die Situation?
Taupitz: Der ehemalige Verfassungsrichter Di Fabio hat in einem Gutachten dargestellt, dass sich das BfArM, wie er, auf den Standpunkt stellen kann, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei verfassungswidrig und müsse deswegen nicht befolgt werden. Wobei sie ohnehin nur inter partes wirkt, das heißt zwischen den Parteien des konkreten Rechtsstreits. Für andere Fälle entfaltet das Urteil keine unmittelbare Bindungswirkung.
Wir sprechen von einer Patientin, die bereits verstorben ist.
Taupitz: Richtig. Für andere Betroffene, also weitere Antragsteller, entfaltet das Urteil nur insoweit eine weiche Bindungskraft, als die Behörde es nicht einfach unberücksichtigt lassen darf, sondern sich mit ihm auseinandersetzen muss. Aber wenn die Behörde das Urteil für verfassungswidrig hält, dann wird sie ihm nicht folgen. Dieser Auffassung hat sich jetzt offenbar auch der Bundesgesundheitsminister angeschlossen, indem er das BfArM angewiesen hat, Anträge abschlägig zu bescheiden.
Ist es nicht ein fatales Signal, wenn ein Minister Urteile von Bundesgerichten für nichtanwendbar erklärt?
Taupitz: Wenn man sie für verfassungswidrig hält, ist das nur konsequent. Herr Di Fabio argumentiert, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei verfassungswidrig, weil das Gericht seine Auslegungskompetenz überschritten habe. Es sei Sache des parlamentarischen Gesetzgebers zu entscheiden, ob tödlich wirkende Arzneimittel zum Zweck des Suizids zur Verfügung gestellt werden dürfen, und das Gericht habe nicht das Recht gehabt, das Betäubungsmittelgesetz gegen den deutlichen Willen des Gesetzgebers auszulegen. Das sehen allerdings viele Juristen ganz anders.
Sind die Voraussetzungen zur Antragsbewilligung überhaupt erfüllbar?
Taupitz: Erstens muss es sich um eine eigenverantwortliche Entscheidung handeln. Zweitens muss dem Gericht zufolge unerträgliches Leid bestehen. Sicherlich gibt es verhältnismäßig wenig Fälle, bei denen die Palliativmedizin nicht helfen kann, beispielsweise durch palliative Sedierung. Das ist die Gabe eines hochwirksamen Schmerzmittels, die zu einem Dämmerzustand führt, und der Patient bekommt dann – salopp formuliert – nichts mehr mit. Das ist sicherlich keine Suizid- oder Tötungsmaßnahme. Wenn Schmerzen auf diese Weise gelindert werden können, ist die dritte Voraussetzung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erfüllt: nämlich dass das Leid nicht anders abwendbar ist. Das ist im jeweiligen Fall festzustellen und aus meiner Sicht muss dazu ein Palliativmediziner als Sachverständiger befragt werden.
Aber besteht dabei nicht die Gefahr, den Patientenwunsch zu missachten? Viele Betroffene wollen ja gar nicht erst in diesen sedierten Zustand kommen.
Taupitz: Ja, und man muss auch sehen, dass der Gesetzgeber und die Rechtsprechung das Selbstbestimmungsrecht von Menschen, insbesondere von Patienten, immer weiter gestärkt haben: etwa durch das Patientenverfügungsgesetz und das Patientenrechtegesetz. Übrigens sagt auch Herr Di Fabio, dass es ein Recht auf Suizid gibt, also dass jeder Mensch selbstbestimmt sterben darf. Die Frage ist nur, inwieweit der Staat dabei helfen muss, helfen darf. Letztlich ist das auch der Streit um den Paragrafen 217: Inwieweit darf der Staat zu verhindern versuchen, dass sich ein Auffassungswandel in der Gesellschaft vollzieht, dass das menschliche Leben nicht mehr den Stellenwert wie bisher hat und dass sich das Menschenbild verändert? Und welchen Stellenwert hat umgekehrt das Selbstbestimmungsrecht der Menschen, die sich wirklich frei und eigenverantwortlich für einen Suizid entscheiden? Fest steht jedenfalls, dass deren Selbstbestimmungsrecht durch das Gesetz und durch die Ministerentscheidung ganz konkret eingeschränkt wird, während der befürchtete Auffassungswandel in der Gesellschaft geradezu spekulativ ist.
So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben, hat kürzlich die Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmer gesagt. Wer müsste jetzt handeln, der Gesetzgeber oder die Gerichte?
Taupitz: Es muss abgewartet werden, was das Bundesverfassungsgericht sagt. Zwei Möglichkeiten: Wird Paragraf 217 kassiert, stellt sich für den Bundestag die Frage, ob er etwas anderes schafft, was nach der Urteilsbegründung des Gerichts verfassungskonform ist. Die zweite Möglichkeit ist, dass das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für verfassungsgemäß erklärt.
Und dann?
Taupitz: In diesem Fall sind die Strafgerichte und die Strafrechtswissenschaftler aufgefordert, das Gesetz sachgerecht zu interpretieren. In der Literatur werden bereits Möglichkeiten diskutiert, es so einengend zu interpretieren, dass es für die Praxis keinen allzu großen Schaden anrichtet.
Zum Beispiel?
Taupitz: Indem man den Begriff „geschäftsmäßig“ darauf beschränkt, dass jemand die Beihilfe zum Suizid gewissermaßen zu seinem Beruf macht – wie etwa ein Sterbehelfer oder der Hamburger Verein „Sterbehilfe Deutschland“, für die das zu einem alltäglichen Geschäft wird. Im Gesetz steht allerdings nur Wiederholungsabsicht, und ob diese beruflich bedingt ist oder auf Mitleid oder Gewissensgründen beruht, ist nach dem Willen des Gesetzgebers offenbar unerheblich.
Wie wären Sie die ganze Problematik angegangen?
Taupitz: Man hätte eine Norm machen sollen, die unter bestimmten engen Voraussetzungen insbesondere die ärztliche Beihilfe zum Suizid erlaubt. Neben Dokumentationspflichten gehört dazu das Vier-Augen-Prinzip: zwei unabhängig voneinander handelnde Ärzte, die insbesondere die Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen und die Stabilität seines Sterbewunsches eruieren, vor allem aber auch Alternativen zum Suizid aufzeigen, insbesondere die Möglichkeiten der Palliativmedizin. Das Fatale an der neuen Sterbehilferegelung ist ja, dass Sie oder ich als Laie Beihilfe zum Suizid leisten dürfen. Aber ein Fachmann, der genau weiß, welche Mittel in welcher Reihenfolge gegeben werden müssen, damit es nicht zu unsäglichen Qualen kommt, der darf das nicht – wenn er es aus Gewissensgründen macht und damit in Wiederholungsabsicht. Dass man das Feld den Laien bei der einmaligen Handlung überlässt, das ist eigentlich ein Widerspruch in sich.
Ein Plädoyer für die Suizidbeihilfe in ärztlicher Hand?
Taupitz: Ja, vorbehaltlich der eigenen Gewissensentscheidung des Arztes gehört diese Hilfe in die Hand von Ärzten, die die Selbstbestimmungsfähigkeit des Betroffenen prüfen, die die richtigen Mittel auswählen, die zugleich dem Leben wie auch der Leidensminderung verpflichtet sind und damit auch über medizinische Alternativen informieren und beraten können. Ärzte könnten damit versuchen, Patienten von ihrem Suizidwunsch abzubringen – Suizidprävention wäre eigentlich das Wichtige. Das hieße mit anderen Worten, dass man vertrauensvoll mit seinem Arzt sprechen können sollte und dieser dann auch – wenn man immer noch am Sterbewunsch festhält – die notwendigen Mittel verschreiben dürfte.
Wie sehen Sie die deutsche Sterbehilfedebatte im internationalen Kontext?
Taupitz: Einige Länder stellen die Beihilfe zum Suizid explizit unter Strafe. In anderen wie etwa der Schweiz ist die Beihilfe nur dann strafbar, wenn sie aus gewinnsüchtigen Motiven geschieht. Und dann gibt es noch Länder, die argumentieren: Suizid und Suizidversuch sind nicht strafbar, warum also die Hilfe zu einer nicht strafbaren Handlung strafbar machen?
Und welche Länder sind an dem einen Extrem und welche am anderen zu verorten?
Taupitz: England zum Beispiel verbietet die Beihilfe zum Suizid. Die Niederlande, Belgien und Luxemburg erlauben umgekehrt sogar aktive Sterbehilfe, die gezielte Tötung eines anderen, und zum Teil sogar, wenn der Betroffene nur mutmaßlich mit dem Sterben einverstanden ist. Für mich ist das ein Unding, dass man einen mutmaßlichen Willen, also die unsichere Extrapolation früherer Äußerungen, zur Grundlage einer Tötungshandlung macht, zum Teil sogar bei Minder-jährigen. Insofern besteht eine große Bandbreite unterschiedlicher Regelungen. Letztlich bewegen wir uns irgendwie in der Mitte.
ZUR PERSON
Der Jurist Jochen Taupitz ist ein renommierter Experte für Gesundheitsrecht und Medizinethik. Er forscht unter anderem zu: Fortpflanzungsmedizin, Stammzellforschung, Sterbehilfe, Persönlichkeitsrecht, Patientenverfügungen. Der Ordinarius für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Mannheim ist seit 1998 außerdem Geschäftsführender Direktor des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim. Taupitz ist Vorsitzender der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer. Er ist ferner Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deuschland. Von 2012 bis 2016 war er stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrats.
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Berlin (pag) – Die derzeit unübersichtliche rechtliche Situation bei der Sterbehilfe führt zu Verwirrung und Unsicherheit bei den Ärzten. Dabei ist das Thema ohnehin schon schwierig genug. Die Politik erkennt Handlungsbedarf.
Jeder hat zu Sterbehilfe eine Meinung. Sie beruht auf persönlichen Überzeugungen, zum Teil auch auf prägenden Erlebnissen. So ist es auch bei Ärzten, die im Falle eines Sterbewunsches meist der erste Ansprechpartner des Patienten sind. Eine Umfrage unter Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin hat vor einiger Zeit ein breites Spektrum an Einstellungen offenbart: Die Mehrheit lehnt eine eigene Beteiligung am ärztlich assistierten Suizid grundsätzlich ab, aber ein Drittel könnte sich diese grundsätzlich vorstellen. Fast 40 Prozent befürworten, dass das Sterbehilfeverbot in der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer (BÄK) einheitlich von den Landeskammern übernommen wird. Dennoch stimmen beinahe 60 Prozent der Befragten zu, dass die Kammern Gewissensentscheidungen bei Ausnahmesituationen respektieren sollten – wenn ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis besteht (Link zur Umfrage am Ende des Artikels).
In den Grundsätzen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung steht, dass die ärztliche Verpflichtung zur Lebenserhaltung nicht unter allen Umständen bestehe. Es gebe Situationen, in denen sonst angemessene Diagnostik und Therapieverfahren nicht mehr angezeigt und Begrenzungen geboten sind. Dann trete eine palliativmedizinische Versorgung in den Vordergrund. Ausdrücklich heißt es in der Präambel: „Die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung ist keine ärztliche Aufgabe.“ Diese Position hat BÄK-Präsident Prof. Frank Ulrich Montgomery im vergangenen Jahr bei einem europäischen Regionaltreffen des Weltärztebundes im Vatikan bekräftigt. Eine andere Auffassung vertrat dort der Vorsitzende der niederländischen Ärztekammer.
Ärztliche Aufgabe oder nicht?
Auch hierzulande gibt es Ärzte, die sich von der offiziellen Linie der Bundesärztekammer distanzieren und den assistierten Suizid nicht grundsätzlich ablehnen. Einer von ihnen ist der bayerische Hausarzt Dr. Anton Wohlfart. „Für mich ist es eine ärztliche Aufgabe, denn wer soll besser wissen, wie es einem Patienten geht und was man ihm geben kann, damit er in Würde und schmerzlos aus dem Leben scheidet?“ Vor einigen Jahren hat er im Interview mit der „Zeit“ bekannt, bei einer Patientin Sterbehilfe geleistet zu haben. Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen verschärft. Wohlfart würde daher Sterbehilfe nur noch leisten, wenn er sicher sein kann, dass es „im totalen Schweigen“ passiert. Er beklagt, dass das Thema in der Ärzteschaft ein großes Tabu darstelle, allenfalls unter der Hand tauschten sich Kollegen aus. Er befürchtet, dass als Konsequenz die gewaltsamen Suizide zunehmen.
Palliativmediziner warnt vor Liberalisierung
Anders sieht es Prof. Lukas Radbruch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP). Für die Fachgesellschaft gehört es ausdrücklich nicht zum Grundverständnis, Beihilfe zum Suizid zu leisten oder über die gezielte Durchführung zu beraten. Sie legt den Fokus auf Schmerztherapie und Symptomkontrolle. Radbruch nennt außerdem die Möglichkeit eines Therapieabbruchs. Er warnt, dass im Falle einer Liberalisierung der Sterbehilfe zunehmend ethische Grenzen verletzt würden: Sterbehilfe nicht nur bei weit fortgeschrittenen lebensbedrohlichen Erkrankungen, sondern wie in den Niederlanden bei Depression oder Demenz.
Beide, Radbruch und Wohlfart, sind sich aber einig darin, dass es für Menschen mit hohem Leidensdruck eine enorme Erleichterung darstellen kann, mit einem Arzt über ihren Sterbewunsch zu sprechen. Mit diesem würden Palliativmediziner zwar häufig konfrontiert, aber nur in seltenen Fällen würde vom Arzt erwartet, eine todbringende Medikation zur Verfügung zu stellen, berichtet Radbruch. Den Patienten Raum für solche Gespräche zu geben, finden die zwei Ärzte wichtig. Doch tatsächlich passiere es häufig, dass Mediziner sofort abwinken, wenn Patienten das Thema ansprechen, so die Erfahrung Wohlfarts. Viele wollen sich gar nicht erst auf ein Thema einlassen, bei dem in allerletzter Konsequenz die Gefahr bestehen könnte, durch jahrelang andauernde Prozesse die eigene Existenz zu riskieren.
STERBEHILFE: PRO UND CONTRA
Befürworter der Sterbehilfe argumentieren, dass jedem das Recht und die persönliche Freiheit zustehe, selbstständig über den eigenen Tod zu entscheiden. Vor allem geht es darum, eigenständig Leiden zu verkürzen, das durch Palliativmedizin nicht verhindert werden kann. Religiöse Maßstäbe könnten nicht für alle Menschen gelten.
Die Gegner betonen, dass es nicht dem Menschen obliege, über Leben und Tod zu entscheiden. Sterben sei ein natürlicher Prozess und könne mit Schmerztherapien menschenwürdig gestaltet werden. Sie befürchten eine Ökonomisierung des Todes. Ärzte verpflichte der Hippokratische Eid, Patienten am Leben zu erhalten. Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung
Wiederholungsabsicht ist der Knackpunkt
Wie berechtigt sind solche Ängste? Der Bundestag hat – nach äußerst emotionalen Debatten und unter Aufhebung des Fraktionszwangs – 2015 entschieden, die geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe zu stellen. So heißt es im neuen Paragrafen 217 Strafgesetzbuch. „Geschäftsmäßig“ bedeutet, dass es in Wiederholungsabsicht geschieht. „Der Gesetzgeber hat in der Gesetzes-begründung ausdrücklich geschrieben, dass bereits das erstmalige Helfen in Wiederholungsabsicht strafbar sein kann“, erläutert der Jurist Prof. Jochen Taupitz im Interview (Lesen Sie dazu „Die Situation ist verworren“).
Die Auslegung dieser Strafvorschrift ist dem Juristen zufolge noch immer höchst umstritten. Auch die unmittelbaren Reaktionen auf das Gesetz sind zum Teil sehr gegensätzlich. Während Kammerpräsident Montgomery die Entscheidung des Bundestags lobt, konstatiert die Gesellschaft für Humanes Sterben, dass Sterbenskranken – falls sie ihr Leben selbstbestimmt beenden wollen – zunehmend nur der Weg in die Schweiz bleibe.
Staatliche Instanz als Selbsttötungsassistenz
Mindestens ebenso kontrovers wird über ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts diskutiert. Im März vergangenen Jahres hat es entschieden, dass eine Sterbewillige in einer extremen Notlage Anspruch auf eine Erlaubnis haben kann, ein tödliches Betäubungsmittel zu erwerben. Bei diesem Urteil geht es nicht um Sterbehilfe durch Angehörige oder Ärzte, sondern wie sich der Staat dazu verhält. Der Deutsche Ethikrat kritisiert, dass damit das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gezwungen werde, gegebenenfalls die Umsetzung von Suizidwünschen zu unterstützen, und zwar durch die Erlaubnis, eine tödlich wirkende Substanz zu erwerben. „Auf diese Weise wird eine staatliche Instanz zum Verpflichtungsadressaten der Selbsttötungsassistenz und diese von einer staatlichen Bewertung und Erlaubnis abhängig gemacht.“ Dagegen kann die Grünen-Politikerin Renate Künast den Grundgedanken des Gerichts nachvollziehen: Es habe sich Gedanken über die Not der Menschen gemacht, „da ist wenigstens nicht die Tür verriegelt“. Sie sei erleichtert, dass in einer extremen Notlage nicht einfach mit einem Nein reagiert werde.
Wie geht es weiter?
Die Politikerin räumt aber ein, dass es nicht einfach sein werde, mit dem Urteil umzugehen. Künasts Prognoseaus dem vergangenen Jahr hat sich als zutreffend erwiesen. Das BfArM hat bisher noch keinem einzigen Patienten ein tödlich wirkendes Mittel zur Verfügung gestellt. 20 Patienten sind auf der Warteliste bereits verstorben, über 100 haben bei der Behörde einen Antrag gestellt (Stand Mai 2018). In einem Rechtsgutachten im Auftrag des BfArM kritisiert der ehemalige Verfassungsrichter Prof. Udo Di Fabio die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als „verfassungsrechtlich nicht haltbar“. Die Konsequenz zieht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Ende Juni, er hat die Behörde schriftlich auffordern lassen, „solche Anträge zu versagen“.
Warten auf das Bundesverfassungsgericht
Und jetzt? Das fragen sich angesichts der unübersichtlichen Situation nicht nur Ärzte, sondern zunehmend Politiker. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle hat kürzlich eine Kleine Anfrage zur „Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung und strafrechtliche Bewertung der Sterbehilfe“ initiiert. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Sabine Dittmar sieht den Bundestag in punkto Sterbehilfe wieder in der Pflicht: „So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.“ Es sei genau das eingetreten, was es zu verhindern galt – rechtliche Unsicherheiten für Palliativmediziner. Sie verlangt einen gewissen Spielraum im Arzt-Patienten-Verhältnis.
Doch angesichts des vollen Pflichtenhefts der großen Koalition ist es ungewiss, ob das Parlament dieses schwierige Thema erneut angeht. Das Gesetzgebungsverfahren, das im neuen Paragrafen 217 mündete, bezeichnete Prof. Norbert Lammert, seinerzeit Bundestagspräsident, als das vermutlich anspruchsvollste der Legislaturperiode. Möglicherweise werden die Abgeordneten zunächst die Entscheidung aus Karlsruhe abwarten, denn gegen den neuen Paragrafen 217 laufen mehrere Verfassungsbeschwerden – einige davon haben Palliativmediziner angestrengt. Bis die Richter darüber entscheiden, bleibt die aktuelle Situation bestehen – mit allen Unabwägbarkeiten.
STERBEHILFE: ASSISTIERT, PASSIV, INDIREKT
Verschiedene Begriffe werden im Kontext der Sterbehilfe verwendet. Beim assistierten Suizid reichen Angehörige oder Freunde dem Betroffenen auf Wunsch ein Medikament, das zum Tod führt und das von ihm selbst eingenommen wird. Im Falle des ärztlich assistierten Suizids wird es von einem Mediziner zur Verfügung gestellt. Passive Sterbehilfe meint den Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen wie künstliche Beatmung. Indirekte Sterbehilfe bedeutet, dass schmerzlindernde Medikamente gegeben werden, die unter Umständen lebensverkürzend wirken können. Tötung auf Verlangen bezeichnet die Tötung durch Dritte, der Arzt verabreicht dem Betroffenen auf Wunsch ein Mittel, das unmittelbar zum Tod führt, schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung. Todeswünsche können der DGP zufolge unterschiedlich ausgeprägt sein. Das Kontinuum reiche von dem Wunsch, dass der Tod durch ein rasches Fortschreiten der Erkrankung bald eintreten möge, bis hin zur maximalen Form der Planung eines Suizids respektive Wünschen nach Beihilfe zum Suizid oder Tötung auf Verlangen. .
Berlin (pag) – „Mit der Sterbehilfe wird sich der Deutsche Bundestag noch einmal befassen müssen. So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben“, sagt Sabine Dittmar vor Journalisten. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion findet, dass genau das eingetreten sei, was es zu verhindern galt: rechtliche Unsicherheiten für Palliativmediziner.
Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) haben aktuell 98 Menschen bei der Behörde einen Antrag auf ein Arzneimittel gestellt, das ihrem Leben ein Ende setzen soll. Fünf sind nach Kenntnis des BfArM auf der Warteliste verstorben. „Pallia-tivmediziner sind sich nach dem jetzigen Status Quo nicht mehr sicher“, meint Dittmar, die selbst Ärztin ist. „Wir brauchen einen gewissen Spielraum im Arzt-Patienten-Verhältnis.“ Auf Nachfrage, wer für eine neue Gesetzgebung die Initiative ergreifen werde, reagiert Dittmar etwas zögerlich, schließlich ist die Legislatur kurz und die Liste ungelöster Probleme lang.
Zur Erinnerung: Im Herbst 2015 hat der Deutsche Bundestag die organisierte Sterbehilfe verboten. Mittlerweile gibt es aber auch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem vergangenen Jahr, wonach es Schwerstkranken in „Extremfällen“ erlaubt ist, vom BfArM eine tödliche Dosis des Schlafmittels Natrium-Pentobarbital zu beziehen. „Eine staatliche Behörde darf nicht zum Helfershelfer einer Selbsttötung werden“, kritisiert seinerzeit der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Das BfArM, eine Unterbehörde des Bundesgesundheitsministeriums, hat den ehemaligen Verfassungsrichter Prof. Udo Di Fabio mit einer Begutachtung der Lage beauftragt. Das Ergebnis: Di Fabio kritisiert das Bundesverwaltungsgericht scharf und sieht die Regelung mit der Verfassung als nicht vereinbar an. Für Sabine Dittmar ist jetzt der befürchtete „worst case“ eingetroffen: weder Ärzten noch Patienten ist geholfen.
Mangel und Rationierung bei Palliative Care in der Geriatrie
Berlin (pag) – Eine ungleiche Verteilung von Kompetenzen und Versorgung bei Palliative Care – zugunsten von Jüngeren, Krebserkrankten, Schmerzpatienten und sozio-ökonomisch Höhergestellten – kritisiert Prof. Ralf Jox, Universität München und Lausanne. „Ältere Menschen, Menschen mit chronischen, neurologischen, psychiatrischen Erkrankungen haben weniger Zugang“, sagt der Mediziner auf einer Veranstaltung in Berlin.
„Das ist doch kein Leben! Warum Palliative Geriatrie nicht nur im Sterben hilft“ lautet der Titel der Tagung, die das Kompetenzzentrum Palliative Geriatrie des Unionhilfswerkes im Oktober veranstaltet. Dort hebt Jox hervor, dass die palliativen und geriatrischen Defizite insbesondere in der ambulanten Versorgung – je nach Region – nach wie vor deutlich seien. Als Herausforderungen nennt der Experte: Alte Patienten sind oft multimorbid und leiden an komplexen Symptomen. Die Häufigkeit der Symptome ist Studien zufolge am Lebensende bei Menschen mit chronischen Lungen- und Herzerkrankungen oder mit Demenz nicht unbedingt geringer als bei Krebspatienten. Komplexe psycho-soziale Situationen treten auch im Alter auf, häufig wegen Vereinsamung. Und: In der palliativen Geriatrie sind Menschen öfter nicht mehr urteils- und einwilligungsfähig. Jox fordert daher: „Es braucht diese spezialisierte Palliative Care auch bei Alten.“ Außerdem macht er sich für das Konzept der gesundheitlichen Versorgungsplanung stark (Advanced Care Planing). Dabei geht es darum, die Präferenzen und Wünsche der Betroffenen – wie und wo sie sterben möchten, wie sie davor leben – in der Versorgungswirklichkeit umzusetzen. Vorgesehen ist dafür zu Beginn ein professionell unterstützter Gesprächsprozess mit Patienten und Angehörigen. Darauf basierend werden Dokumente der Vorausplanung wie Patientenverfügungen erstellt, „und zwar so formuliert, dass sie komplett tragfähig sind“, hebt Jox hervor. Als dritte Säule sind für die lokale und regionale Umsetzung die Schulung derjenigen vorgesehen, „die später Entscheidungen zu treffen haben“, wie es Jox ausdrückt. Gemeint sind damit der Rettungsdienst sowie Ärzte im Krankenhaus und im Pflegeheim. Sie sollen unter anderem lernen, wie sie solche Dokumente finden und damit umgehen.
PALLIATIVE GERIATRIE – WAS IST DAS? Palliative Geriatrie beschreibt einen interdiszi-plinär angelegten Betreuungsansatz für hochbetagte, von Demenz betroffene und/oder sterbende Menschen, der sowohl kurative als auch palliative Maßnahmen vereint. 2004 starteten das „Kompetenzzentrum Palliative Geriatrie“, ein Projekt der Unionhilfswerk Senioren-Einrichtungen gemein-nützige GmbH. Die Fachgesellschaft Palliative Geriatrie (FGPG) ist eine Organisation von Altenpflegern, Wissenschaftlern, Ärzten, Hospizen und Palliative Care Fachkräften sowie Ehrenamtlichen. Sie wurde 2015 gegründet.
Alltag und Genießen für Sterbende
Auf der Tagung werden auch Unterschiede beim Umgang mit dem Sterben zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz erörtert. Dr. Roland Kunz von der universitären Klinik für Akutgeriatrie im Stadtspital Waid, beobachtet etwa mit Sorge, dass sich in der Schweiz die Debatte, welches Leben lebenswert sei und welches nicht, stark auf Leistung fokussiere. „Wir müssen uns auf das individuelle Ziel unserer Patienten konzentrieren“, verlangt er. Prof. Katherina Heimerl aus Wien berichtet von einer parlamentarischen Enquete-Kommission, die sich 2015 mit dem Thema „Leben und Sterben in Würde“ befasst hat. „Im Diskurs fehlte die Sicht der Betroffenen“, kritisiert sie. Aus einer Befragung von Menschen, die mit dem Sterben unmittelbar konfrontiert sind, hebt sie drei Botschaften hervor: Erstens gebe es auch für sterbende Menschen und die sie begleitenden Personen einen Alltag. Zweitens gehe es auch am Lebensende darum, das Leben zu genießen. Und drittens seien für die Betroffenen nicht so sehr die Sterbeorte wie Hospiz oder Pflegeheim von Bedeutung, sondern die Sterbewelten. Damit gemeint sei nicht der organisatorische, sondern der soziale Zusammenhang.
Sterbehilfe unter Bedingungen des Mangels
Aus deutscher Perspektive stellt Dirk Müller, Leiter Hospiz und palliative Geriatrie im Unionhilfswerk, das Thema Sterbehilfe in den Mittelpunkt. Aus seiner Erfahrung fragten die meisten Menschen im Hospiz nicht nach Sterbehilfe. Anders sehe es oft in Pflegeheimen und Krankenhäusern aus, wo es viele Menschen aufgrund der dortigen Bedingungen als würdevoller empfänden, wenn ein Sterben ermöglicht werde. „Wir stehen vor der großen Misere der Rahmenbedingungen“, sagt der Altenpfleger. Seine These lautet: Schlechte Rahmenbedingungen, schlecht behandeltes Personal, nicht kompetente Mitarbeiter oder Mitarbeiter, die ihre Kompetenzen nicht einbringen können, führten dazu, dass Sterbehilfe praktiziert werde. Der Gesetzgeber solle daher überlegen, „wie wir zu Bedingungen kommen, die ein gutes Leben und Sterben möglich machen“. Unter Bedingungen des Mangels über Sterbehilfe zu diskutieren hält Müller für schwierig – „und unter denen arbeiten wir hier“.
RATIONIERUNG BEI DEN BESONDERS VERLETZLICHEN Obwohl die Alten in unserer Gesellschaft ein wichtiger Faktor seien, gibt es Jox zufolge noch immer eine „Abwertung des Alten“. Ältere Menschen sind dem Mediziner zufolge aufgrund ihrer altersbedingten funktionellen Einschränkungen, der oft chronischen Multimorbidität, zunehmend löchrig werdenden sozialen Netzen und der Inkongruenz mit gesellschaftlichen Imperativen wie Mobilität, Technologie und Leistung eine vulnerable Bevölkerungsgruppe. Damit sieht Jox folgende Risiken im Gesundheitswesen verbunden: mangelnde Aufklärung, Unterbehandlung und Vernachlässigung, implizite und explizite Altersrationierung, Überbehandlung sowie ungerechtfertigte Zwangsbehandlung.
Berlin (pag) – Die im März getroffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema Selbsttötung sorgt weiterhin für Debatten. Der Deutsche Ethikrat widerspricht mehrheitlich dem Urteil, auf einer Veranstaltung ringen Juristen, Ärzte und Politiker mit dem Beschluss des Gerichts.
„Was machen wir jetzt mit der heißen Kartoffel in der Hand“, fragt Grünen-Politikerin Renate Künast bei einer Diskussionsrunde des Berliner Instituts für christliche Ethik und Politik und der Katholischen Akademie in Berlin angesichts des Urteils. Anfang März hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, das allgemeine Persönlichkeitsrecht (aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) umfasse „auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Patienten, zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll, vorausgesetzt, er kann seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln. Daraus kann sich im extremen Einzelfall ergeben, dass der Staat den Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehren darf, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht.“
Der Deutsche Ethikrat empfiehlt dagegen, der gebotenen Achtung individueller Entscheidungen über das eigene Lebensende keine staatliche Unterstützungsverpflichtung zur Seite zu stellen. Das Gremium kritisiert mehrheitlich, dass das Urteil das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte dazu zwinge, Suizidwünsche anhand bestimmter materieller Kriterien zu überprüfen und gegebenenfalls ihre Umsetzung durch eine Erlaubnis zum Erwerb einer tödlich wirkenden Substanz zu unterstützen. Eine staatliche Instanz werde so zum Verpflichtungsadressaten der Selbsttötungsassistenz und diese von einer staatlichen Bewertung und Erlaubnis abhängig gemacht. Allerdings hält eine Minderheit des Rates das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für ethisch wohl erwogen und begrüßenswert.
Auch auf der Diskussionsveranstaltung in Berlin gehen die Bewertungen auseinander. Künast kann den Grundgedanken des Gerichts nachvollziehen, es habe sich Gedanken über die Not der Menschen gemacht, „da ist wenigstens nicht die Tür verriegelt“. Sie sei erleichtert, dass in einer extremen Notlage nicht einfach mit einem Nein reagiert werde. Die Politikerin räumt aber auch ein, dass es nicht einfach sein werde, mit dem Urteil umzugehen. Ein Entscheidungsregelwerk dafür zu schaffen sei jedoch prinzipiell machbar. Dem Juristen Prof. Steffen Augsberg zufolge bricht das Urteil mit der hiesigen Rechtssprechungstradition. Eine so existenzielle Vorgabe könne nicht ein Gericht machen, er sieht den Gesetzgeber in der Pflicht. Auch der Geriater Prof. Andreas Kruse, wie Augsberg Mitglied des Deutschen Ethikrates, kritisiert das Urteil. Er hält für problematisch, dass die Entscheidungshoheit einer Behörde übertragen werde und dass damit aus externer Perspektive eine Notlage beurteilt werden soll. Allein die Definition einer solchen hält er für sehr schwierig. Außerdem macht der Mediziner darauf aufmerksam, dass extreme Notlagen vielfach durch Insuffizienzen des Versorgungssystems bedingt seien. „Durch das Urteil wird im Grunde genommen geduldet beziehungsweise unterstützt, dass wir eine hochgradig insuffizienten Versorgungssituation haben.“