In Kürze

Orthopädie: Kinder-OPs mit Warteliste

Berlin (pag) – Fachärztinnen und Fachärzte sehen die kinderorthopädische Versorgung als bedroht an, denn die aufwendigen Behandlungen seien ein Minusgeschäft. Krankenhäuser würden daher ihre kinderorthopädischen Abteilungen schließen oder verkleinern. Die Folge seien OP-Wartezeiten an spezialisierten Zentren von bis zu einem Jahr.

Zugang zur kinderorthopädischen Versorgung gefährdet? Ärzte schlagen Alarm. © stock.adobe.com, Towfiqu Barbhuiya

 

„Wenn gesundheitspolitisch nicht gegengesteuert wird, droht eine Unterversorgung im kinderorthopädischen Bereich“, sagt Prof. Maximilian Rudert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). Systematisch setzt sich mit dem Thema eine wissenschaftliche Arbeit auseinander, die eine Wirtschaftlichkeitsanalyse hüftrekonstruierender Eingriffe in der Kinderorthopädie erstellt. Die Autorengruppe um Kinderorthopädin Dr. Katharina Gather beleuchtet die Versorgung von Kindern mit Schädigungen im zentralen Nervensystem. Die sogenannte „neurogene Hüftdezentrierung“ behindert bei den Betroffenen Mobilität, Pflegefähigkeit und Lebensqualität. Mit einer speziellen Operationstechnik können orthopädische Chirurgen Hüftgelenke bereits im Wachstum wieder neu einstellen und dadurch Schmerzen verringern, Beweglichkeit verbessern und auch die frühzeitige Entstehung von Gelenkverschleiß verhindern. Die Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg gilt als eine der führenden Einrichtungen für diese hochspezialisierten Operationen. Gather hat die wirtschaftliche Bilanz der lebensverbessernden Operationen wissenschaftlich aufgearbeitet. Demnach sind solche Eingriffe im DRG-System nicht kostendeckend durchführbar. Die Kliniken blieben am Ende auf vielen hundert Euro an Kosten sitzen.

Prof. Tobias Renkawitz, Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg, verlangt daher eine grundsätzliche Neuberechnung der Prozeduren in der ambulanten und stationären Kinderorthopädie. Diese müsse den tatsächlichen Aufwand der Einrichtungen realistisch abbilden. Anders könne trotz Vorhaltepauschalen nicht sichergestellt werden, dass Familien „auch zukünftig Zugang zu einer adäquaten kinder- und jugendorthopädischen Versorgung erhalten“.

Einige Wochen später gibt die Krankenhaus-Regierungskommission eine Empfehlung zur Kindermedizin ab. Demnach soll das künftige Vorhaltebudget für die Leistungsgruppen von Pädiatrie und Kinderchirurgie dauerhaft um einen Aufschlag von bis zu 20 Prozent der bisherigen aDRG-Erlösvolumina der Fachabteilungen der operativen und konservativen Kinder- und Jugendmedizin erhöht werden.

Weiterführender Link:

Solidarität mit Kindern und Menschen mit Behinderung?
Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse hüftrekonstruierender Eingriffe in der Kinderorthopädie
https://link.springer.com/article/10.1007/s00132-023-04381-7