In Kürze

Organspende: Was bringt die Widerspruchslösung?

Berlin (pag) – Nierenpatienten warten zum Teil acht Jahre und länger auf eine neue Niere. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) plädiert daher für tiefgreifende Reformen: Die Widerspruchslösung sei eine effektive und nachhaltige Lösung für den Organmangel.

© stock.adobe.com, Andrii

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 1.966 Nierentransplantationen durchgeführt, 1.431 Nieren wurden nach postmortaler Organspende übertragen, 535 Nieren nach einer Lebendspende. Demgegenüber gab es 2.407 Anmeldungen auf die Warteliste. Rund 6.700 Patientinnen und Patienten warteten Ende 2022 auf eine Nierentransplantation. Die Nephrologen sprechen mit Blick auf die Zahlen der vergangenen zehn Jahre von einer auf niedrigem Niveau stagnierenden Spendebereitschaft. Kampagnen und persönliche Informationsbriefe der Krankenkassen führten keine Trendwende herbei. Auch die Umstrukturierungsmaßnahmen in den Kliniken und die Besserstellung der Transplantationsbeauftragten ließen einen nennenswerten Erfolg vermissen.

Die DGfN fordert daher die Widerspruchslösung, welche zügig zu einer „nachhaltigen Verbesserung“ führen könne. Dabei ist jeder per se ein Organspender, es sei denn, er widerspricht. Derzeit ist es in Deutschland umgekehrt: Wer seine Organe nach seinem Ableben spenden möchte, muss das dokumentiert beziehungsweise den Angehörigen mitgeteilt haben. Doch die Diskrepanz zwischen der Zahl der Menschen, die pro Organspende sind, und der, die das auch tatsächlich dokumentiert haben, sei hoch. „Von insgesamt circa 4.000 Menschen, die einen Hirntod erleiden, spendet im Endeffekt nur circa jeder vierte“, sagt DGfN-Pressesprecherin Prof. Julia Weinmann-Menke.

Fortschritt kommt nicht an

Sie verweist auf das Beispiel Niederlande, wo die Widerspruchslösung seit einigen Jahren praktiziert wird. Laut einer Auswertung aus 2022 haben 31 Prozent der Bürgerinnen und Bürger bisher widersprochen und möchten ihre Organe nicht spenden. 45 Prozent seien mit der Organspende explizit einverstanden. „Wenn bei uns der Anteil der Spenden nach Hirntod allein durch die Widerspruchslösung von 25 auf 40 Prozent steigen würde, kämen wir in den Bereich, dass wir fast so viele Spenderorgane haben, wie benötigt werde“, erläutert Weinmann-Menke.

Kritik kommt auch von Prof. Rainer Blasczyk, Kongresspräsident der 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie. Ihm zufolge werden die Tests für die Verträglichkeitsbewertungen von Organspenden immer präziser und moderner. Dennoch bringen sie den Patientinnen und Patienten hierzulande keinen Fortschritt. „Denn in Deutschland müssen Patienten nehmen, was sie kriegen können, egal wie schlecht die Verträglichkeit ist.“