Berlin (pag) – Wer sich von seinem Vorgesetzten fair behandelt fühlt, fehlt seltener krank bei der Arbeit. Zu diesem Ergebnis kommt das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) im Fehlzeiten-Report 2020. Die Mitherausgeber sehen Handlungsbedarf.
Im Fokus des Reports steht der Zusammenhang von Gerechtigkeit und Gesundheit. Dafür befragte das WIdO Anfang des Jahres 2.500 Arbeitnehmer zu ihrem Gerechtigkeitsempfinden am Arbeitsplatz sowie zu gesundheitlichen Beschwerden. Demnach weisen Arbeitnehmer, die ihre Führungskraft als ungerecht empfinden, im Durchschnitt 15 Arbeitsunfähigkeitstage pro Jahr auf. Diejenigen, die ihre Führungskraft als fair einstufen, kommen dagegen lediglich auf 12,7 Tage. Zudem erscheinen erstere häufiger entgegen dem Rat eines Arztes bei der Arbeit. „Gefühlte Ungerechtigkeit bringt dabei insbesondere emotionale Irritationen und psychosomatische Beschwerden mit sich“, erläutert Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO und Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports. Doch auch körperliche Leiden wie Rücken- und Gelenkbeschwerden, Kopfschmerzen, Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Beschwerden treten wesentlich häufiger auf, wenn sich Arbeitnehmer ungerecht behandelt fühlen. „Das war für uns überraschend“, räumt Schröder ein. Im Mittel über alle Beschwerden klagen Arbeitnehmer, die sich von ihrer Führungskraft unfair behandelt fühlen, etwa viermal so oft über gesundheitliche Probleme wie diejenigen, die die Behandlung als fair empfinden.
Für Mitherausgeber Prof. Bernhard Badura, Gesundheitswissenschaftler von der Universität Bielefeld, steht angesichts dieser Ergebnisse fest, „dass wir in Deutschland Dinge grundsätzlich in Zukunft anders machen müssen als bisher“. Badura beklagt vor allem „überkommene Vorstellungen von Führung“ und „Kulturen des Misstrauens und der Angst in Unternehmen“. Dies schade den Beschäftigten und der Volkswirtschaft gleichermaßen. Führungskräfte müssten heute nicht nur über fachliche, sondern vor allem über soziale Kompetenz verfügen.