In Kürze

Endoprothesenregister: Chance nicht vertun

Berlin (pag) – Über zwei Millionen Datensätze von gelenkersetzenden Operationen sind seit seiner Gründung vor zehn Jahren an das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) übermittelt worden. Ziel ist es, die Versorgungsqualität und -forschung nachhaltig zu verbessern. Damit dient das EPRD auch als Blaupause für das kommende Implantateregister – zumindest könnte es das.

„Das EPRD ist eine gemeinsame Erfolgsgeschichte von Medizin, Herstellern und Krankenkassen zum Wohle der Patienten“, sagt Marc Michel, Vorstand beim Bundesverband Medizintechnologie, der neben dem AOK-Bundesverband, dem Verband der Ersatzkassen (vdek) sowie über 750 Kliniken an der Registerarbeit beteiligt ist. Endoprothetische Eingriffe an Knie und Hüfte zählen zu den häufigsten Operationen in Deutschland: 400.000 Menschen erhalten jährlich ein neues Gelenk. Das Register erhält, analysiert und bewertet Daten, mit denen die Qualität des Versorgungsprozesses und der Implantate beurteilt und ein hoher Patientenschutz sichergestellt werden soll. Initiiert wurde das Register von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC).

Am 1. Januar 2025 soll zusätzlich ein von der Bundesregierung geplantes Implantateregister mit eigener Behörde in den Regelbetrieb starten. Dieses sieht eine gesetzliche Verpflichtung für Kliniken vor, ihre Daten an das Register zu übermitteln. Für Prof. Bernd Kladny, DGOOC-Generalsekretär, ist es unverständlich, dass auf die Erfahrungen sowie auf den Datenschatz des EPRD dabei nicht zurückgegriffen werden soll. Ulrike Elsner, Vorsitzende des vdek, befürchtet einen Rückschritt: Das EPRD verfüge über mehr Informationen als das zukünftige Implantateregister. Das neue Register müsse also mindestens äquivalente Daten erheben, um Vergleichsmöglichkeiten für die Hersteller zu schaffen. Diese betonen außerdem die Notwendigkeit, übermäßige Bürokratie und doppelte Datenerfassung zu vermeiden. „Das EPRD hat sich nun über zehn Jahre bewährt. Die Politik sollte diese international anerkannte und oft als Benchmark bezeichnete Institution nutzen“, verlangt Michel.

Waren viele OPs überhaupt nötig?

Unterdessen kritisiert die DAK Gesundheit, dass häufig Knieoperation stattfinden, ohne dass zuvor alle fachärztlichen oder physiotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Bis zu elf Prozent der Operationen bei Kniearthrose könnten durch eine bessere Versorgung vermieden werden und ein Knieersatz um sieben Jahre verzögert werden. Zu diesem Ergebnis kommt der Versorgungsreport der Kassen. Demnach ist fast jeder Vierte mindestens einmal im Leben von Kniearthrose betroffen. Im Laufe der Erkrankung scheitert bei jedem Fünften der Gelenkerhalt, sodass ein künstliches Kniegelenk eingesetzt werden muss. „Unser Report wirft die Frage auf, ob viele angesetzte Knie-Operationen überhaupt notwendig waren“, sagt DAK-Chef Andreas Storm. Risikofaktoren müssten durch Prävention verringert und konservative Therapiemöglichkeiten besser ausgeschöpft werden.

Auf einer Pressekonferenz mit diesen Ergebnissen konfrontiert sagt PD Stephan Kirschner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik: Die DAK liege „nicht ganz falsch“. Bei der medikamentösen Therapie und bei der Krankengymnastik gebe es „einen gewissen Nachholbedarf“ und „in Einzelfällen Unterversorgung“. Er sieht aber auch die Patienten in der Verantwortung. Diese müssten aktiv nach Physiotherapie fragen.

 

„Das EPRD hat sich über zehn Jahre bewährt“, sagt Marc D. Michel vom BVMed (links). „Unverständlich“ sei, dass die Politik nicht auf die Erfahrungen und den Datenschatz des Registers zurückgreifen will, kritisiert Bernd Kladny von der DGOOC © pag, Fiolka

 

Weiterführender Link:

Versorgungsreport der DAK:
 Knieschmerzen/Gonarthrose – Wie eine bessere Versorgung Gelenkersatz vermeiden kann
www.dak.de/dak/download/report-2592292.pdf