In Kürze

„Vieles muss sich verändern – auch wir“

Berlin (pag) – Die „Grundsätze der medizinischen Versorgung von morgen“ haben die jungen Ärztinnen und Ärzte im Hartmannbund in einem Whitepaper formuliert. „Wir können und wollen den Status quo nicht mehr akzeptieren und können uns diesen auch absehbar nicht mehr leisten“, sagt Dr. Moritz Völker, Vorsitzender des Arbeitskreises, anlässlich der Veröffentlichung.

© stock.adobe.com, pureshot

Der Mediziner kritisiert: „Wir arbeiten in alten Strukturen, die sich nie wirklich an eine veränderte Versorgungsrealität angepasst haben und bewegen uns auf eine Versorgungskrise zu, die mittlerweile mehr braucht als kleine Weichenstellungen.“

In dem siebenseitigen Whitepaper definiert der ärztliche Nachwuchs Leitplanken für eine gute Gesundheitsversorgung. Überschrieben ist die Publikation mit dem Motto „Vieles muss sich verändern – auch wir“. Die Autoren verlangen eine strategische Zukunftsgestaltung, kein bloßes Taktieren oder Feinjustierungen. Wichtig sei auch eine klare Kommunikation, die alle Beteiligten einbezieht, heißt es in dem Papier.

Zu den Leitplanken der Versorgung von morgen gehören unter anderem interprofessionelle Teams. Zum Stichwort zeitgemäßes Arbeiten fallen die Stichwörter Digitalisierung, KI, Klimaresilienz und Ökologie. Dem zunehmenden Arbeitsdruck solle mit Innovation und Veränderungsbereitschaft begegnet werden. Dazu heißt es unter anderem: „Wir fordern eine klar strukturierte, funktionsfähige Entlastung, die Raum für Weiterbildung und gute Versorgung schafft.“ Das könne unter anderem durch Umverteilung, Umstrukturierungen und klügere Einsetzung des vorhandenen Personals ermöglicht werden. Die Arbeitgeber im Gesundheitswesen müssten noch vielmehr als bisher neue Arbeitsmodelle und moderne Arbeitsmöglichkeiten etablieren, um zukünftig konkurrenzfähig zu sein. Zusätzlich müsse der technische Fortschritt auch in der Versorgung ankommen und die Tätigkeit der dort Arbeitenden entlasten. Das komme am Ende allen qualitativ zugute.

Solidarität versus Egozentrik

Das Whitepaper adressiert darüber hinaus sehr grundsätzliche Themen. Die Ärzte unterstreichen beispielsweise, dass Medizin und Gesundheitsversorgung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Daseinsvorsorge verstanden werden müssen. Kritisch merken die Autoren an, dass die solidarische Versorgung in einer „immer mehr egozentrisch orientierten Gesellschaft“ in den Hintergrund gerate. Sie appellieren, dass Gesundheit nicht separat behandelt werden dürfe, sondern in allen Aspekten mitzudenken sei.

Weiter heißt es, dass eine gute Medizin auch ohne ökonomische Zwänge funktioniere. Zurzeit habe die Ökonomie das Gesundheitswesen in „zu vielen Bereichen“ fest im Griff. Zwar widerspreche gewinnorientiertes Denken nicht per se dem medizinisch Notwendigen. „Es lenkt dieses aber zu oft, bestimmt die reale Versorgung und schränkt die Möglichkeiten ein, dem Berufsethos entsprechend Medizin machen zu können.“ Eine junge Generation lerne bereits, Indikationen anhand ihrer Abrechnungsfähigkeit zu stellen. Zwingend erforderlich sei, die Rahmenbedingungen wieder in Einklang mit den Wert- und Lebensvorstellungen der Mediziner zu bringen.

Weiterführender Link:

Whitepaper „Die Grundsätze der medizinischen Versorgung von morgen aus Sicht der jungen Ärztinnen und Ärzte“
https://www.hartmannbund.de/wp-content/uploads/2023/10/2023-10-04_Whitepaper.pdf